Kontrastprogramm

Am Dienstag und Mittwoch war ich bei zwei Teilen der von der grünen Landtagsfraktion veranstalteten Konferenzreihe „Kreative Stadt“. Die Unterschiede waren gewaltig. Während in Leipzig beispielsweise darüber diskutiert wurde, wie das Erfolgsmodell Designers Open zu einer stetigen Unterstützung der Kreativwirtschaft beitragen kann, ging es in Chemnitz darum, ob der Titel Kreative Stadt überhaupt noch zutrifft. Von einer Nekropole war die Rede, und Galerist Uwe Kreißig meinte, dass die freie Kunstszene in Chemnitz klinisch tot sei. Herzliches Beileid.

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Knochensamer

Sind Naturwissenschaftler wirklich so trockene, stets nur rational denkende Leute, wie man sie sich klischeebelastet vorstellt? Oder haben manche auch Lachfalten hinter den Ohren? Möglich. Als ich auf das kleine Schildchen unserer neuen Balkonblume – so was wie Margariten mit ungewöhnlichem Blaustich – schaute, wurde ich wegen des lateinischen Namens der Pflanze stutzig: Osteospermum. Wer sich so eine Bezeichnung ausdenkt, muss doch wohl ein bisschen schlitzohrig sein. Oder versteh ich da wieder etwas falsch?

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Nüscht wie wech

Im Fernsehn boomen Auswanderer-Soaps wie Goodbye Deutschland. Der Stadtstreicher, das älteste Chemnitzer Stadtmagazin, springt auf diesen Zug auf und stellt mehr oder weniger kreative Leute vor, welche die Stadt verlassen haben. Ich selbst hatte vor reichlich einem halben Jahr die Ehre, das erste derartige Interview geben zu dürfen. Mario Forberg, Chef der Musikkeipe Subway to Peter, ist Gast im aktuellen Heft. Er drückt es besonders drastisch aus: Aber machen wir uns nichts vor, aus der Idee vom lebendigen Szene-Viertel ist nie was geworden – und heute sind wir davon so weit entfernt wie nie. (…) In Chemnitz lerne ich kaum neue Leute kennen, Touristen kommen nicht, und die Studenten, mgen sie auch international sein, kriegt man auch nicht zu Gesicht. Es mag nun etwas merkwürdig sein, dass ein Stadtjournal derartige Antiwerbung für den eigenen Standort veröffentlicht, aber recht hat Mario auf jeden Fall. Und damit das so bleibt, wird eben gerade mit dem Experimentellen Karree der nächste Versuch, etwas Leben in die Bude zu bringen, plattgewalzt. Siehe unten.

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Bas des Reliefs

Wenns hoch kommt

sinds nicht so viele

die unten bleiben.

Innere Fronten

härten aus zu Klischees.

Erhaben ist nichts als

de Gnubbln noach obm

wie etwa

– Blutwurstbatzen auf Knäckebrotscheiben

– Pockenpusteln auf Jungfernbrüsten

– Hustenauswurf auf Half Pipes im Regen

oder auch

– autoerektives Tun in Rückenlage

– standing ovations in Leichenhallen

– Aufrichtigkeit am Tresen halb zwei

ichhaben, duhaben,

wirhaben, siehaben,

erhaben

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Ente(n) des Tages

Manche Ökoromantiker behaupten ja, Dummheit sei eine rein menschliche Eigenschaft, Tiere könnten nicht dumm sein. Ich bin da anderer Ansicht. Bei uns gleich um die Ecke hat nun schon das zweite Jahr ein Stockentenpaar sein Domizil in einer dreckigen Pfütze mitten auf einem asphaltierten Parkplatz gefunden. Ist das nicht bescheuert?

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ExKa retten oder auswandern?

Es wird immer deutlicher, dass die große Freundlichkeit des Chemnitzer kommunalen Immobilienkonzerns GGG gegenüber alternativen Nutzungsansinnen den Hauptzweck hatte, dass Experimentelle Karree in der konzipierten Form zu zerschlagen. Eine Zerstreuung der diversen Akteure scheint weniger Gefahrenpotial für die spießbürgerliche Ruhe der Stadt in sich zu haben. Nachdem die Spaltungstaktik fast schon aufzugehen schien, haben sich nun die ExKa-Interessenten zusammengeraft und wollen den Standort unbedingt retten. Immerhin steht auch ein Stadtratsbeschluss vom November 2008 dahinter.

Zur Unterstützung kämpfen auch die Veranstalter der Sommerakademie um das Karree, obwohl sich für dieses temporäre Projekt vielleicht auch Ausweichmöglichkeiten finden ließen. Die nächste Zusammenkunft der Organisationsgruppe findet deshalb am 3. April ab 15 Uhr auf dem Marktplatz vor dem Rathaus statt. Leider verpasse ich damit die kulturpolitische Diskussionsrunde im Leipziger Werk II. Irgendwie ist es schwierig, in zwei Städten zugleich an den Knotenpunkten zu sein.

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Tiefergelegt

Das wird jetzt ein längerer Sermon. Beim Versuch, „Hochkultur“ wie einen glitschigen Aal packen zu können, geht es mir nicht um philosophische Tiefe. Da er aber wie ein Prädikat der Stiftung Warentest benutzt wird, und alle, die da keinen Aufkleber abbekommen haben oder gar nicht erst in den Test einbezogen wurden, die Angeschmierten sind, hat es ganz praktisch-pragmatische Bedeutung, dieses so all zu selbstverständlich benutzte Label entweder exakter zu bestimmen oder zu demontieren/dekonstruieren. Allerdings sind die folgenden Gedankensprünge ungeordnet. Zur Systematik bin ich zu faul. Nennen wir es also Passagenwerk, da kriegt die Kritik gleich mal kalte Füße. Weiterlesen

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Neue Klänge

Fragt mich bitte nicht, wie das Instrument heißt, welches Steffan Claußner da in der Hand hält. Sieht aus wie ein elektronisches Sudoku und kommt natürlich auch aus Japan. So einfach wie es erscheint, ist die Bedienung keinesfalls. Jedenfalls lassen sich damit unglaublich viele Klangmöglichkeiten zaubern. Und das tat der Chemnitzer Musiker dann eben auch zur offiziellen Premiere meines Buches „Chemnitz Architektur – Stadt der Moderne“ in den kommunalen Kunstsammlungen. Immerhin war Bernd Ruscher gekommen, Leiter des städtischen Kulturbüros und auch der Chef der Architektenkammer. Ansonsten so um die 40 Leute. Hätten natürlich mehr sein können angesichts der epochalen Bedeutung des Werkes. Ist eben Chemnitz. Was soll man da sagen? Vielleicht das noch, dass Steffan Claußner auch Organisator des Improvisationsmarathons ist, der ab dem 30. April 19 Uhr für 42 Stunden und 19,5 Minuten mit diversen Musikern durch die Stadt der Moderne läuft. Dafür lohnt es sich doch, mal hinzufahren.

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Wer ist da eigentlich Schiedsrichter?

Nun muss ich aber doch noch mal was zur Debatte um die Ernennung von Michael Faber zum Leipziger Kulturdezernenten äußern. Klar ist, dass nun nach der erfolgten Wahl alle Seiten versuchen müssen, so gut es nur geht zusammenzuarbeiten. Wie diese „Kooperation“ aber aussehen soll, legte laut Aussagen der heutigen LVZ Oberbürgermeister Jung so fest: „Die Mannschaft stellt nicht den Trainer auf.“ Und deshalb verbitte er sich jede weitere Kritik am neuen Dezernenten.

Ist das nur ein sprachlicher Lapsus oder Ausdruck einer verinnerlichten Denk- und Handlungsweise? Vermutlich letzteres. Der Vergleich mit dem Sport (in erster Linie wohl dem Fußball-Zirkus) ist in jeder Betrachtungsweise unstimmig, dabei aber bezeichnend für den, der so etwas äußert. Im höchstkommerziellen Profisport verdienen die Akteure zwar viel Geld, werden aber ganz offiziell wie Ware behandelt. Spieler werden für Millionensummen an andere Vereine veräußert (bei guten Leistungen) oder auch einfach rausgeschmissen (bei wenig Leistung oder Verletzungspech oder Überalterung ab Mitte 30). Also: Herr Elstermann, Sie sind zwar ein toller Stürmer, aber meckern zu viel rum. Ab September können Sie ihre Nato in Wurzen betreiben, die haben eine gute Ablöse gezahlt. Viel Spaß! Ein Wiederaufstieg ist immer machbar.

Andererseits werden natürlich auch Trainer mehrfach pro Saison gewechselt, wenn das Punktekonto nicht den Erwartungen des Managements entspricht. Das hat Michael Faber nicht gerade zu befürchten, aber die Metapher hat etwas für sich: Eigentlich bestimmt der Vorstand, was passiert. Da ist dann der Trainer auch nur Verschiebemasse, so sehr er sich auch abrackert. Genau das dürfte Burkhard Jung wohl gemeint haben.

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Kein mediterranes Flair

Als kleine Erholungspause im noch nicht ganz aufgegebenen KLP-Projekt habe ich erst einmal die Lektüre des Romans „Kalda“ von Edo Popovic eingeschoben. Zwar ist das Buch auch reichlich 280 Seiten dick, doch dafür brauchte ich deutlich weniger Zeit als bei einer vergleichbaren Seitenzahl Pynchon. Weiterlesen

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