Zwischenlese

Nun habe ich endlich angefangen, Sarrazin zu lesen. Geld wollte ich dafür nicht ausgeben, jetzt war es in der Bibliothek zu haben. Für eine Einschätzung ist es nach etwa 100 Seiten noch zu früh, doch ein Zitat aus dem Buch, das ich unmittelbar davor gelesen habe, scheint zufällig ganz gut zu passen. In dieser Einführung in die „Cultural Studies“ steht da über die von Politik und Medien praktizierte „Signifikationsspirale“:

(1) Identifizierung eines bestimmten „Problemthemas“

(2) Identifizierung einer subversiven Minderheit

(3) Artikukation – d.h. Herstellung von „Konvergenzen“ – des Themas mit anderen gesellschaftlichen Problemen

(4) Einrichtung symbolischer „Schwellen“, deren Überschreitung zur Eskalation der Bedrohung führen kann

(5) Vorhersage noch größerer Probleme, sollten keine Maßnahmen getroffen werden

(6) der Ruf nach „strengeren Maßnahmen“

Das scheint aber die Sarrazin-Debatte zu beschreiben. Es stammt aber aus dem England der 1970er Jahre, als angeblich jugendliche Straßenräuber die gesellschaftliche Zukunft infrage stellten.

Quelle: Marchart, Oliver: Cultural Studies. Konstanz: UVK 2008, S. 237.

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Volltreffer

Die Präzision der Horoskope im der LVZ verblüfft mich immer wieder. Die Vorhersage in der aktuellen Wochenendausgabe ist aber unübertrefflich. Da wird mir geraten, doch endlich Behördengänge zu erledigen. Am Samstag und Sonntag. Aus welcher Sternkonstellation wurde das herausgelesen? Und was sagt die Gewerkschaft der Hellseher dazu?

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Voller Zug

Das Jugendwort des Jahres ist also „Niveaulimbo“. Leider hat das keiner der mir persönlich bekannten Jugendlichen (und manche davon wohnen in der Metropole Berlin) je gehört. In welchen Redaktionsstuben denkt man sich so was aus?

Reales Leben war allerdings die Durchsage, die ich heute früh im Zug Leipzig-Chemnitz gehört habe, als er (wie fast immer) in Liebertwolkwitz außerplanmäßig hielt: „Werte Fahrgäste, die Weiterfahrt verzögert sich um wenige Minuten. Wir erwarten einen Zugvollzug.“ Leider wurde nicht mitgeteilt, ob es sich um offenen oder geschlossenen Vollzug handelte. Bei diesem Wetter plädiere ich für geschlossenen.

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Kindheit in KMSt

Etwas erstaunt war ich, vom Plöttner-Verlag, gegen den ich vor einen Jahr prozessiert hatte, einen dicken Brief zu bekommen. Drin war das neue Buch von Jan Kuhlbrodt, ohne Anschreiben. Gut, gegen Schenkungen von Lesestoff habe ich selten was einzuwenden. Und gelesen habe ich das Büchlein nun auch.

„Vor der Schrift“ heißt es. Die grafische Gestaltung deutet schon darauf hin, dass es um Kindheitserinnerungen geht. Doch ins Französische gedreht – avant la lettre – kann auch gemeint sein, das die Autoren-Persönlichkeit schon existierte und geformt wurde, als sie ihren schönen Namen noch gar nicht buchstabieren konnte. Für den Schriftsteller und Philosophen Kuhlbrodt muss die Schrift einen herausragenden Stellenwert haben, die Zeit davor ist wohl nur eine Vorbereitung.

Er erzählt präzise (nehme ich jedenfalls an) von teilweise recht verwickelten Familienverhältnissen im Karl-Marx-Stadt der späten sechziger Jahre, von den Wohnungen – der heruntergekommenen auf dem Sonnenberg, der neuen im Plattenbau – und von frühen Freundschaften. Für mich gibt es Dejà-vu-Effekte, da ich ja die Stadt auch noch vor der Wende kennengelernt habe und Namen wie Friedrich-Engels-Straße mit etwas Anstrengung zu verorten weiß. Und auch weil ich den Autor und von den handelnden Personen zumindest die Mutter kenne. Ob die Aufreihung von Episoden aber für Leute in anderen Gegenden auch einen Reiz haben kann, ist doch eher fraglich. Denn die literarische Verarbeitung bleibt im Unterschied zu Kulbrodts vorigem Buch, dem ebenfalls autobiografischen „Schneckenparadies“, dünn. Zwar werden Reflektionen über die jetzige Zeit, in der er selbst Vater von zwei Töchtern ist, eingeflochten, doch Tiefe ist selten mal vorhanden. Es ist ein sehr persönliches Buch. Es sieht so aus, als habe er diese Erinnerungen sicherstellen wollen für sich selbst, ein bisschen auch für die Familie. Doch dafür wäre nicht unbedingt die Veröffentlichung nötig gewesen.

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Zu unserer Zeit

„Zu unserer Zeit hat´s sowas nicht gegeben!“ Wenn ich als Jugendlicher diesen Satz hörte, war für mich klar, dass ich ihn niemals aussprechen würde. Wenn doch, dann wäre es ein untrügliches Zeichen für Altersdebilität.

Unverzichtbar bei diesem Satz ist das deutlich mitgesprochene Ausrufezeichen. Erst dadurch wird klar, dass man meint: Wirwollensowasauchheutegottverdammichnichthaben!!! Ansonsten wäre es ja nur eine simple Feststellung. Ein oder zwei Generationen zuvor gab es eben noch keine Kassettenrekorder, Raumkapseln, Verhütungspillen, Schwadmäher E 301. Schade eigentlich, aber den technischen Fortschritt in seinem Lauf hielten auch Honecker, Hager und Mittag nicht auf. Es geht aber um das Andersseinwollen, -können, -dürfen der Jugend.

Mein Großvater mütterlicherseits stellte einen typischen Aufsager dieses Satzes dar. Er war ein sehr lieber, intelligenter, lebenslustiger und vielseitig interessierter Mensch, der nach fünf Jahren sowjetischer Kriegsgefangenschaft als überzeugter Kommunist zurückkehrte und zum Direktor einer Möbelfabrik in der Oberlausitz gemacht wurde, obwohl er lieber selbst mit der Hand das Holz bearbeitete. Technologische Neuerungen musste er immer gleich ausprobieren. Als zum 20. Jahrestag der DDR 1969 das Rundstrickgewebe Präsent 20 in kleinen Mengen hergestellt wurde, besorgte er durch seine kollegialen Beziehungen sofort einige Meter für meine Mutter, damit sie als gelernte Schneiderin daraus was Schickes für die ganze Familie nähen konnte. Wurde aber im Radio die Thomas-Natschinski-Combo gespielt oder kam in unserem Einsender-TV ein Film mit Louis de Funes, dann war die Toleranz für Neues am Ende.

Meine Oma väterlicherseits hingegen sagte immer, wenn meine Haare knapp über die Oberkante der Ohren ragten: „Siehst aus wie ein Beatle!“ Als ich Jahre später erfuhr, dass es im kapitalistischen Ausland eine Tanzkapelle gab, die sich so nannte, wunderte ich mich sehr. Wie kann man solch ein Schimpfwort für einen verwahrlosten Menschen zum Namen wählen und trotzdem einigermaßen erfolgreich sein? Jedenfalls spielten sie in der Dorfdisko Schirgiswalde fast jedes Mal einen Schlager dieser Formation.

Trotz der fürsorglichen Erziehung und meinem schüchternen Naturell erwachten spätestens um das 16. Lebensjahr herum rebellische Gefühle. Meine Kumpels waren im Dagegen-Sein zwar viel weiter, aber auch meine Protesthaltung war keine modische Attitüde, sondern Bedürfnis. Während des Studiums kam dann theoretische Unterfütterung hinzu. Zwar wollte ich die DDR nicht abgeschafft wissen, aber stellte sie mir ganz, ganz anders vor. Als ich 1988 das Wort Exmatrikulationsverfahren persönlich kennenlernte, war das nicht wegen Faulheit und auch nicht wegen zu langer Haare. Als Oppostionellen sah ich mich deswegen nicht, doch ein Mindestmaß an Verweigerung gehörte für einen jungen Menschen einfach dazu. Offensichtlich nicht nur im Osten. Berichte über die 68er-Bewegung, die es gut gefiltert tatsächlich auch in der DDR gab, gehörten zu meiner Lieblingslektüre. Im September 1989 trat ich dann zum ersten und bisher einzigen Mal einer politischen Gruppierung bei, der Vereinigten Linken. Als da aber Maoisten und Trotzkisten um die Führungsrolle stritten, war ich schnell wieder weg. Auch die Besetzung der Leipziger Uni Ende 1990 hatte ich mir eigentlich romantischer vorgestellt, ging darum lieber zur Silvesterparty in die Moritzbastei.

Heute kriege ich allerdings häufig die Krise, wenn ich Jugendliche beobachte. Nicht weil sie gegen die Ansichten und Gewohnheiten meiner Generation auf die Barrikaden gehen, sondern weil sie die Welt im Großen und Ganzen ziemlich in Ordnung finden. Nur ihre persönliche Einkommenslage gilt es noch zu optimieren. Solch eine Schlaftabletten-Disziplin wie BWL gehört darum zu den begehrtesten Studienfächern. Von Dieter Bohlen bei einer Castingshow niedergemacht zu werden gilt als Auszeichnung. Besonders Mutige ziehen den USB-Stick aus dem Computer, ohne ihn vorher zu deaktivieren oder werfen Originalverpackungen vor Ablauf der Garantiefrist weg. Als Gipfel der Aufmüpfigkeit gilt es, abend Aronal und morgens Elmex zu nehmen.

Ja gut – Outfit und Körpermanipulation der Kids können manchmal extremistisch erscheinen. Die Avantgarde trägt Piercings sogar schon an inneren Organen. So what? Heute gehört es doch bei Börsenmaklern zum guten Ton, sich Che Guevara auf die Augenlider tätowieren zu lassen.

Dass es nicht nur mein subjektiver Eindruck ist, bestätigt die letzte Shell-Jugendstudie: Nie gab es in den vergangenen hundert Jahren eine Generation, die so wenig opponiert hat. Die gegenwärtigem Jugendlichen sind Meister der Stromlinie. Also, zu unserer Zeit hat´s sowas nicht gegeben!

veröffentlicht in Corax 5/2010

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Leipzig rules

André Herrmann und Julius Fischer aka Team Totale Zerstörung sind bei den Meisterschaften des deutschsprachigen Poetry Slams im Teamwettbewerb Zweite geworden. Herzlichsten Glückwunsch! Auf Andrés Blog findet sich dazu auch ein Mitschnitt.

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Urdeutsch

Die Spezis der Braunen Blauen Narzisse geben sich ja zumeist Mühe, nicht mit „echten“ Nazis in einen Topf geworfen zu werden. Aber manchmal fällt es ihnen schwer, diese Maske hoch zu halten. So schrieben sie vor kurzem einen Brief an NPD-Chef Voigt voll mit guten Ratschlägen. Zum Beispiel solle er doch den Antisemitismus fallen lassen, da Antiislamismus im Moment massenkompatibler ist. Sie machen sich echt Sorgen, wie die Nasen zu mehr Wählerstimmen kommen können.

Nun haben sie tatsächlich eine Antwort bekommen – nicht von Voigt selbst, sondern einem seiner Adjudanten. Der schreibt da unter anderem: In einem stimmen wir gewiß überein. In unserer Sorge über den jetzigen Zustand Deutschlands, über die unfassbare Entmündigung, Entrechtung und Versklavung unseres Volkes. Ich frage mich nun bloß, von welchem Volk er eigentlich spricht. Denn der Kerl heißt Radzimanowski.

Übrigens haben die Blumenfreunde nun, nach Monaten, schon meinen Kommentart zu ihrem Rilke-Wettbewerb zur Kenntnis genommen. Also, schnell wie Windhunde sieht aber anders aus.

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Spät kommt er

Da habe ich gestern abend mich noch beeilt, um vor Redaktionsschluss von „Leipzigs Neue“ meine Rezensionen zur euro-szene fertig zu bekommen. Dann lese ich heute in der Antwortmail, dass die entscheidende Datei nicht dran hing. Darum wenigstens hier meine Texte:

Feiern und gefeiert werden

Die euro-szene hat 20jähriges Jubiläum

Manche Langzeitbeobachter sagen zwar, dass dieses Festival schon mal bissiger und experimenteller war, doch hochkarätig waren auch im Jubiläumsjahr viele der Gastspiele ohne Zweifel. Und im Unterschied zum Vorjahr stand auch wieder eine Eigenproduktion auf dem Programm.

Drei Tänzerinnen und vier Tänzer brauchen auf der leeren Bühne nicht mehr als einen Stapel Wolldecken und zwei Mikrofone. Und ihre Körper. Die vor allem. In perfekter Unperfektion und enormer Intensität setzen sie sich in Beziehung zum Raum, zueinander, zu den Zuschauern. Hyperaktiv und gehemmt, sparsam und ausufernd. „Out of context“ – Choreograf Alain Platel will eigentlich keine Zusammenhänge. Doch Assoziationen drängen sich auf. Das synchron-debile Umkreisen erinnert an menschliches Balzgehabe in all seinem Ernst und all seiner Lächerlichkeit. Dem orgiastischen Disco-Gehüpfe muss schließlich der ausgedörrte Mund am Tag danach folgen. Und die weiteren Tage. Doch das Ensemble verkrümelt sich schließlich dahin, wo es herkam – in die Zuschauerreihen. Die nächste Runde muss jeder selbst rumstolpern, die Eintänzer sind weitergezogen.

Platel hat sein Stück der verstorbenen Pina Bausch gewidmet. Eine Kopie ist es trotz dieser Hommage keinesfalls, sondern etwas auf ganz eigene Weise Großes.

Der Leipziger Philipp J. Neumann hatte das Glück, in einem Wettbewerbsverfahren mit der Festival-Eigenproduktion beauftragt zu werden. Und er hatte zugleich das Unglück, mit einem Sujet anzutreten, das sich bei Platel ganz ähnlich findet – das Animalische im Menschen. Der Belgier hatte die Messlatte am Abend zuvor so hoch gelegt, dass Neumann erhobenen Kopfes drunter hinweg laufen konnte. Beim direkten Vergleich, der nahe liegt, zeigt sich die ganze Dürftigkeit dieser „Prophezeiung 20/11“. Der gesteigerte Einsatz von Effekten bis hin zu einer Herde lebender Schafe kann nicht über die all zu dünne Streuung von Ideen hinwegtäuschen. Bei der nächsten euro-szene wird man über das Thema Eigenproduktion noch mal gründlich nachdenken müssen.

Die Carte blanche des Festivals durfte 2010 der Berliner Theatermacher Klemens Wannenmacher vergeben, und er brachte „Twee stemmen“ ins Spiel. Bei dem auf Texten Pasolinis und einer realen Rede des Vorstandsvorsitzenden von Shell beruhende Stück muss neben dem Regisseur Johan Simons gleichberechtigt der Schauspieler Jeroen Willems genannt werden, der alle fünf Rollen auf brillante Weise allein spielt. Das dezidiert politische Drama handelt von den Verschränkungen zwischen politischer Macht, großer Wirtschaft, Intellektuellen und Kirche (nicht nur) in Italien. Plakativ ist es trotzdem nicht, auch der moralischen Entrüstung wird ein Spiegel vorgehalten. Die drastische Komik des Spiels ist häufig genug bitter eingefärbt.

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Neiddebatte

Etwas leidtun kann einem schon die altehrwürdige Grassi-Messe, wenn man sich die Medienberichte der letzten Tage ansieht. Das schräge und späte Kind Designers Open wird überall groß dargestellt, die museale Mutti nur am Rande erwähnt. Ob es aber nun hilfreich ist, wenn Direktorin Eva Maria Hoyer im MDR mit saurem Gesicht verkündet, es käme eben nicht darauf an, alle modischen Trends mitzumachen, erscheint fraglich. Vielleicht sollte man sich besser auf die eigenen Stärken konzentrieren, also das solide Kunsthandwerk, und nicht noch versuchen, auch das serielle Design mit reinholen zu wollen.

Eigentlich wollte ich in diesem Jahr mit dem DO-Besuch aussetzen, weil sich in den letzten Durchgängen die gleichen Aussteller und Exponate stets wiederfanden. Um aber den pompösen Saal des Hotel de Pologne mal zu sehen, gingen wir doch hin. Und zur Überraschung gab es diesmal viel Neues zu sehen. Und keinerlei Beton-Utensilien, die zuletzt arg dominant geworden waren.

Neobarocker Kitsch und neuzeitliches Design.

Neobarocker Kitsch und neuzeitliches Design.

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Angefahrenes Kind

Zuviel ist schon über Helene Hegemanns Axolotl Roadkill geschrieben und gestritten worden, als dass eine Rezension jetzt noch Sinn machen würde. Aber ich hab es mir eben erst jetzt aus der Bibliothek geholt und gelesen. Und ich find das Buch ziemlich gut. Viel besser jedenfalls als den vorherigen Skandalroman namens Feuchtgebiete, der durch nichts weiter als Mittelmaß auffällt.

Zunächst mal hat der Text einen mitreißenden Drive. Obwohl genau genommen nicht sonderlich viel Handlung passiert, ist fast immer Tempo drin. Desweiteren beeindruckt mich der Wortschatz der sechzehnjährigen Akteurin, womit ich nicht unbedingt Scheißfotze und Arschfick meine. Die Autorin war ja selbst nicht älter, als sie das Buch schrieb. Wie sie beispielsweise beim Sinnieren darüber, ob sie Suppenhuhn oder Brathuhn kaufen soll, einer zufälligen Passantin im Supermarkt ihren Vater beschreibt: Der ist eins von diesen linken, durchsetzungsfähigen Arschlöchern überdurchschnittlichen Einkommens, die ununterbrochen Kunst mit Anspruch auf Ewigkeit machen und in der Auguststraße wohnen. Jeden Tag bis zu elf Prostituierte, jeden Tag Haarwachs und jeden Tag mit Textmarkern melancholisch expressionistische Kunstwerke ausmalen, die er aus schwarzweißen Plattencovern zusammensetzt. Nachts werden die dann auf LSD mit seinem Galeristen an die Wand genagelt. Boing! Manchmal wirken die Wortkaskaden wie automatisches Schreiben. Oder orale Inkontinenz, wie Mifti, die drogensüchtige Schulverweigererin, ironisch sagt. Die Selbstironie gilt auch für Helene Hegemann selbst, wenn sie sich mehrfach über diese geistig frühreife Minderjährige lustig macht. Tatsächlich klingt es manchmal wie William Borroughs als Teenager. Aber das muss ja erst mal so hinkriegen. Respekt.

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