Hauptsache oben

Die größte Aktivität für den Klimaschutz aller Zeiten: 16.000 Leute fliegen aus der ganzen Welt nach Kopenhagen, bedrucken dort tausende Tonnen Papier mit Absichtserklärungen und fliegen wieder nach Hause. Das bringt den Durchbruch. Aber offensichtlich beruht der ganze scheinbare Klimawandel ja sowieso auf gefälschten Daten. Was juckt es da, dass paar Inseln untergehn. Oder Holland. Das kann nur gut sein für die Grundstückspreise auf dem Fockeberg. Und ich wohne ja sowieso im dritten Stock. Also alles in Ordnung.

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Die Revolution verkauft ihre Kinder

Die Initiative Friedliche Revolution sei mit dem Tourismuspreis 2009 der Leipziger Tourismus- und Marketing GmbH ausgezeichnet worden, lese ich im Amtsblatt. „Innovative Leistungen, die den Tourismus in Leipzig voranbrächten und eine hohe Medienwirkung erzielten, seien Grundvoraussetzungen, um für den Preis nominiert zu werden.“ Mir selbst war das im Herbst 1989 gar nicht so bewusst, aber die führenden Köpfe der Protestbewegung haben wohl daran gedacht, innovativ und medienwirksam zu sein, damit zwanzig Jahre später der marktwirtschaftliche Tourismus so richtig was davon hat und ein nettes Spektakel abfeiern kann.

Das legt nahe, dass es Zeit wird für eine neue Revolution, die dank des Internets und der unzähligen Handykameras von vornherein medial noch viel besser rüberkommt. Zu überlegen ist aber, ob ein friedlicher Verlauf wirklich marketingtechnisch optimal ist. Märtyrerstätten lassen sich doch künstlerisch noch effektvoller aufpeppen.

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Fein destilliert

Gestern habe ich es nun zu ersten Mal geschafft, beim Leipziger Livelyrix-Slam am neuen Standort im Club Distillery dabei zu sein. Oder überhaupt da zu sein. Da einer der vorab gemeldeten Teilnehmer nicht erschien, war ich dann aber auch tatsächlich aktiv dabei. Doch bei dem extrem starken Feld waren die Chancen für die Endrunde natürlich gering. Gewonnen hat ganz verdient Gauner aus Berlin. Außerdem gab es in der Endrunde nochmals Thomas Jurisch, Bleu Broode und Tobi Kunze zu hören. Selbst so ein Profi wie Felix Römer hatte es nicht geschafft.

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Mysterien des Alltags I

Ein für mich unerklärliches Rätsel ist es, welche Bedeutung die kleinen braunen Blätter haben, die in jedem ladenneuen Aktenordner eingeheftet sind. Wozu wird eine schlecht bezahlte Arbeitskraft bei Leitz, Falken etc. angestellt, um diese Dinger im Akkord da rein zu bringen? Diese Frage ist für einen Akademiker einfach zu hoch. Oder zu simpel.

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11 Stufen nach oben

Da sich in meinen Blog-Stats anhaltend und gar zunehmend Suchanfragen zum Begriff Hochkultur finden, will ich paar Thesen dazu veröffentlichen. Die sind schon vor einigen Wochen notiert worden, aber alles andere als fertig. Doch Thesen haben es eben so an sich, hingeworfene Brocken zur Diskussion zu sein, Reparaturen und Rückrufaktionen eingeschlossen. Vielleicht sind die hilfesuchenden Netzsurfer ja Abiturienten mit Pflichtreferatsthema oder aber ministeriale Angestellte der neuen sächsischen Regierung, die Orientierung benötigen. Dann würde der Entwurf noch einen praktischen Nutzen haben. Weiterlesen

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Problematisch

Hatte ich bisher immer noch die Hoffnung, die LVZ hätte da aus dem Mund von CDU-Stadträten etwas allzu verdreht dargestellt, als sie dem unterdessen seit Juni im Amt befindlichen neuen Leipziger Kulturdezernenten Michael Faber die Worte in den Mund schob, die Freie Szene sei ein Kompensationsraum für Problemgruppen, so wächst nun die Ernüchterung. Auf eine Eigeninitiave zur Darstellung seiner kulturpolitischen Vorstellungen wartete man bisher vergeblich. Nun hat der Kreuzer in seiner frischen Dezember-Ausgabe nachgehakt und ein ausführliches Interview veröffentlicht. Ausführlich zumindest bezüglich der Fragestellungen von Johanna Lemke und Thyra Veyder-Malberg, weniger in den Antworten.

Was hier an Schwerpunktsetzungen seiner Politik genannt wird, ist nicht gerade visionär: Sicherung der Haushaltsmittel für Kultur in den nächsten zwei Jahren, Sicherung der Musikalischen Komödie, Umzug des Naturkundemuseums. Vor allem aber im Hinblick auf die Freie Szene bleibt der Eindruck, er wisse gar nicht so richtig, was das eigentlich ist. Sowieso liegt sie in Veantwortung des Kulturamtes, geht ihn also nur indirekt an. Das Zitat vom März geradezurücken, weigert er sich. Und wieder ist die Rede von einem Forum für „junge, nonkonforme Menschen […], die bestimmte Dinge in Frage stellen“. Dass die Freie Szene viel mehr ist als die Krabbelgruppe, aus der dann nach einem Reifeprozess richtige Kulturbürger hervorgehen, die ein Opern-Abo haben und die Neue Leipziger Schule sammeln, scheint über den Erkenntnishorizont des Dezernenten hinaus zu gehen. Wieso wurde er eigentlich von der Linkspartei nominiert und nicht von der FDP?

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Offline macht krank

Aus der Angst des Torwarts vor dem Elfmeter ist ja nun eine richtige Volkskrankheit geworden, ansteckender als die Schweinegrippe. Ein depressivoider Faktor wird bei dem Hype aber vernachlässigt. Ich konnte gestern selbst erleben, wie krank machend es ist, wenn der Internetzugang aus unerklärlichen Gründen für mehr als einen Tag ausfällt. Wie Laokoon von den Schlangen drohte ich von diversen Netzwerkkabeln erwürgt zu werden. Doch alle Reparaturversuche scheiterten. Ich hatte mir schon Zugverbindungen rausgesucht, vor die ich mich stürzen könnte. Per Telefon natürlich, die Online-Auskunft ging ja nicht. Bis dann ebenso unerklärlich am späten Abend der Zugang zum global village wieder weit offen stand. Ich habe wieder eine Heimat. Es geht mir gut. Bis zum nächsten Mal.

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Arm dran

Eigentlich haben die Studenten ja meine volle Sympathie, die heute demonstrierend durch Leipzig gezogen sind. Aber ein Slogan ist für mich bedenklich: Reiche Eltern für alle! Wenn das unsere Tochter hört, wählt sie uns ab.

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Freudige Ontologie

In letzter Zeit ist häufig mal was von Fremdschämen zu lesen. Offensichtlich gibt es aber auch Fremdfreuen. Im Eingang des Hauses, das mein Bruder bewohnt, hängt ein Mitteilungsblatt der Hausverwaltung mit der netten Aussage: Wir freuen uns für Sie, da zu sein! So einfach kann man mittels kreativer Kommasetzung eine betont positive Seinsphilosophie begründen.

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Wortscharmützel reloaded

Nach einem Jahr Abstinenz war ich wieder mal bei Chemnitzer Slam, dem ersten nach der Sommerpause. Der scheint sich nun auch in der Literaturwüste etabliert zu haben, auch wenn die Freie Presse in einem Interview mit der Dame mit Hut noch lang und breit zu erklären versuchte, was das denn eigentlich ist. Der Saal im Weltecho war jedenfalls gut gefüllt. Im Endeffekt war es der große Tag weiblich-emotionaler Lyrik, der Sieg von Clara Nielsen aus Bamberg also ganz folgerichtig. Schön war aber auch die Musik von Nellis Elefant aus Dresden.

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