Lüpertz und die Meinungsfreiheit

Die Überschrift ist ein SEO-Trick. Na und? Markus Lüpertz gefährdet nicht die Meinungsfreiheit, noch viel weniger wird er von ihr gefährdet. Doch auf meinen Blogbeitrag von vorletzter Woche, dem ein LVZ-Artikel in entpersonalisierter (wie es leider in dem Blatt Vorgabe ist) und etwas abgeschwächter Form folgte, gab es zu erwartende Reaktionen. In den direkten Kommentaren und Emails an mich durchweg zustimmend, in den von der LVZ veröffentlichten Leserbriefen durchweg ablehnend. Auf die geläufigen Klischees wie „Kunst kommt von Können“ oder „Ist das Kunst oder kann das weg“ muss man nicht weiter eingehen. Stammtisch eben.

Wichtiger sind die Äußerungen, wo es um Grundsätzliches geht, nämlich die Empfindungen der Mehrheit oder gar die Meinungsfreiheit. Weiterlesen

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Ein Jahrzehnt

Vor zehn Jahren, am 1. Februar 2006, übergaben wir unsere Wohnung in der Haydnstraße im Chemnitzer Stadtteil Kappel, setzten uns an diesem eisigen Wintertag ins Auto und fuhren nach Leipzig. Angekommen. Nach 18 Jahren in Karl-Chemnitz-Stadt. Weiterlesen

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Post von Frau Staatsanwältin

Briefe in Recyclingpapier-Umschlägen lege ich immer erst mal beiseite. Zu 90 Prozent sind es Rechnungen oder Mahnungen. Das hat Zeit. Aber auf diesen Brief mit dem Absender Staatsanwaltschaft Leipzig habe ich gewartet.

Für meine Facebook-Kontakte zur Erinnerung und alle nicht FB-affinen Seitenbesucher zur Aufklärung. Am 23. September nahm ich nach einer längeren, dem Zeitmangel geschuldeten Pause wieder einmal an den Protesten gegen Legida teil. An diesesem Tag zogen die Legionellen um einen Teil des Ringes zum Neuen Rathaus, einen Sarg vor sich hertragend, in dem sie symbolisch ihre Versammlungsfreiheit wähnten. Jeder der mehreren hundert zur Bewachung eingesetzten Polizisten hätte sich davon beleidigt fühlen müssen, wurde doch behauptet, er tue seine Arbeit nicht. Weiterlesen

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Wir und die Aliens

Alienation klingt viel bedrohlicher als das entsprechende deutsche Wort Verfremdung. Zu verfremden ist ein Grundzug der Kunst. So liegt es nahe, die Interventionen von HGB-Studenten im Grassi Museum für Völkerkunde, Nummer 1 der Serie Grassi invites, den Titel „fremd“ bekommt. Doch die Leuchtschrift „Alienation“ am Eingang zur Ausstellung weist noch auf eine andere Ebene des Verfremdens hin, die nicht vordergründig ästhetischer Art ist.

Berechtigte Fragen von Vanessa Opoku.

Berechtigte Fragen von Vanessa Opoku.

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Öde an die Feinde

Zuerst die gute Nachricht: Kunst kann immer noch heftige Emotionen freisetzen. Zumindest, wenn sie im öffentlichen Raum platziert wird. Markus Lüpertz´ Beethoven-Skulptur, die vor wenigen Wochen vor dem Leipziger Bildermuseum platziert wurde (finanziert aus privaten Quellen) wird zum Aufreger. Die LVZ hat schon mehrere Leserbriefe, durchweg ablehnend, dazu abgedruckt. Gestern nun wurde ein Offener Brief publik, unterschrieben von einigen mehr oder weniger bekannten ortsansässigen Künstlern und Schriftstellern, von denen ich manche bezüglich ihrer eigenen Arbeit durchaus schätze.

Die Beethoven-Platik von Markus Lüpertz vor dem MdbK Leipzig.

Die Beethoven-Platik von Markus Lüpertz vor dem MdbK Leipzig.

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Wohin mit den toten Tieren?

Die Frage, wie es mit dem Leipziger Naturkundemuseum weitergeht, ist in den letzten Jahren zum Running Gag verkommen. Nun zeichnet sich eine Lösung ab, die tragfähig sein könnte. Und fast schon selbstverständlich gibt es heftige Gegenargumentationen. Nicht in den Medien allgemein, sondern in einem Medium – der L-Iz.

Schon am 6. Januar fragte Chefredakteur Ralf Julke „Was soll denn ein Leipziger Naturkundemuseum an einem Standort, wo es keiner findet“ unter Berufung auf einen Leipziger Geologen, der offenbar noch nie in der Spinnerei war. Nun, wenige Tage vor der Entscheidung zuständiger kommunaler Ausschüsse, wird nachgelegt. Gleich zwei Artikel sind in der L-Iz, die ansonsten viele Großereignisse gerade im Kulturbereich mit keiner Zeile würdigt, heute zum Thema erschienen.

Es geht darum, dass das Museum nach den neuen Planungen ein Domizil in Halle 7 des Spinnereigeländes finden soll, bis vor wenigen Jahren nur als Domizil von Jim Whitings Party- und Kinetische Kunst-Location Bimbo Town bekannt.

Für die L-Iz steht unumstößlich fest, dass ein Naturkundemuseum unbedingt in die Innenstadt gehöre. Die Spinnerei hingegen gilt als Stadtrand. Das Berliner Museum gleicher Ausrichtung ist vom Alex oder Kudamm wahrscheinlich ähnlich weit entfernt, weitere Beispiele lassen sich weltweit finden. Und auch in Leipzig gibt es gut frequentierte Museen, die nicht ganz zentral liegen, das Deutsche Fotomuseum hat man sogar ohne Protest der L-Iz nach Markkleeberg abwandern lassen.

Die Spinnerei findet also keiner? Am vergangenen Wochenende waren es immerhin rund 10.000, die sich hingefunden haben, bei den großen Rundgängen im Mai und September sind es manchmal bis zu 25.000. Auch Kinder, häufig in Klassenstärke, sind dort zu sehen, gehört doch zu Halle 14 ein intensives Programm für den Nachwuchs.

Außer dem Naturkundemuseum soll mit dem Umzug von LOFFT und Leipziger Tanztheater ein zusätzliches kulturelles Konglomerat in der Spinnerei entstehen. Das Bimbo Town hat dann keinen Platz mehr, aber Whiting sucht sowieso nach einer höheren Halle, zum Glück in Leipzig. Wie sich die Theaterbesucher zumeist in den Abendstunden in die Spinnerei finden und danach zurück, ist für Julke kein Thema.

Es wäre tatsächlich gut, mit spitzem Bleistift nachzurechnen, ob eine Sanierung des Museums am jetzigen Standort oder die Umrüstung von Halle 7 mit Fördermitteln des Programms Leipziger Westen auf lange Sicht hin effizienter sind. Das macht aber Arbeit. In der Polemik geht es also vordergründig darum, dass die Spinnerei ja so abgelegen sei, dass da eben niemand hinkäme. Tatsächlich ist die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr nicht optimal. Ein erster Schritt könnte sein, die Linie 14 wie fast alle anderen Straßenbahnlinien der LVB im 10-Minuten-Takt verkehren zu lassen. Trotzdem ist es von der Endhaltestelle wie auch der benachbarten S-Bahn-Station immer noch ein gewisser Fußweg bis zur Spinnerei. Aber nicht mehr als vom Hauptbahnhof bis zur Pfaffendorfer Straße. Da könnte man zwar eine Station mit der Straßenbahn fahren. Aber was soll dann die rhetorische Frage: „Sollte man den emsigen Stadtratsfraktionen eigentlich mal die neuesten Ticket-Preise der LVB zumailen? Welcher Tourist, welcher interessierte Leipziger wird sich auf diese Tour machen, wenn er dabei nicht nur eine Menge Zeit verfährt, sondern auch Geld?“ Naturkundemuseen sind nur selten Touristenmagnete, wenn sie nicht etwas ganz Besonderes bieten können. Selbst der Steinerne Wald in Chemnitz, tatsächlich eine außergewöhnliche Attraktion, sorgt nicht dafür, dass Chemnitz auf dem Plan großer Reiseveranstalter steht.

Eine Behelfslösung, wesentlich einfacher, als die Straßenbahngleise bis zur Spinnerei zu verlängern, wäre eine neue Buslinie vom Zentrum aus. Der Fahrplan könnte exakt mit den Öffnungszeiten nicht nur des Museums, sondern auch den anderen dortigen Einrichtungen abgestimmt werden. Und der Bus kann auch direkt vor Halle 7 eine Haltestelle bekommen.

Die Intensität, mit der die L-Iz gegen den Plan trommelt, das Naturkundemuseum in der Spinnerei anzusiedeln, lässt den Verdacht aufkommen, dass da irgendwelche Lobbyisten im Hintergrund stehen, nicht des Museums selbst, sondern vielleicht bestimmter Bauunternehmen, die da irgendwelche Felle wegschwimmen sehen.

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Bar jeder Alternative

In jeder großen Stadt und vielen kleinen gibt es unterdessen Etablissements zur Getränkeeinnahme, die sich den ach so originellen Namen Wunderbar, manchmal auch Sonderbar gegeben haben. Um dieser Uniformierung entgegenzuarbeiten, habe ich ein paar Alternativen ausgedacht:

  1. Furchtbar
  2. Barbar
  3. Millibar
  4. Ehebar
  5. Egonbar
  6. Makabar
  7. Zahlbar
  8. Codebar
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Man muss ja nicht immer reden

Genau. Darum gibt es jetzt eine neue Unterseite, die sich Visuelles nennt. Ganz ohne Worte kommt die allerdings auch nicht aus.

Sahne für alle

Sahne für alle

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Nicht vorsätzlich

Beim Nachschauen der Einträge vom Beginn des vorigen Jahres musste ich feststellen, dass ich mit den damals geäußerten Vorsätzen kläglich gescheitert bin. Zwei Artikel pro Woche. Haha. Gerade mal drei sind es im ganzen zweiten Halbjahr 2015 geworden, einer davon eine simple Fotostrecke. Also nehme ich mir für 2016 gar nichts vor. Jedenfalls formuliere ich es nicht öffentlich. Die Gründe für die Abstinenz sind bekannt. Neben der jounalistischen Arbeit brauche ich sehr viel Zeit, um meiner Frau beim Aufbau des Labels little kiwi zu helfen

Doch es gab schon Beschwerden. So schrieb mir kurz vor Weihnachten Hans Brinkmann, der mit Abstand beste professionelle Schriftsteller von Chemnitz, eine Mail. Wie häufig er denn noch in meine Seite gucken müsse, um da was Neues zu sehen? Dass es solche ans mit Leidensdruck gibt, wusste ich gar nicht.

Dass es andere Fans mit anders geartetem Leidensdruck gibt, musste ich heute erfahren, Als ich nach Monaten wieder einmal einen Artikel veröffentlichte, kam schon nach wenigen  Minuten der Kommentar von Bernd Krüger, dass ich das Schreiben doch besser sein lassen solle. Das spornt mich allerdings mehr an als das Schmachten von Hans Brinkmann, meine Aktivitäten wieder zu verstärken.

Auf Grund des Artikels gab es ja auch schon eine heftige Diskussion, wenn auch nicht hier, sondern auf Facebook. Gut. Ich werde sicherlich, je nach Zeitkontingent, wieder mehr schreiben. Ohne Vorsätze und Versprechungen. Vorsätzliche Trolle wie Jürgen Henne bleiben von der Kommentarfunktion weiterhin ausgeschlossen. Meinem früheren Versprechen, alle anomymen Kommentare grundsätzlich auszuschließen, werde ich allerdings nicht ganz treu bleiben. Es kommt darauf an, ob es sich um mehr oder weniger sachliche Kommentare handelt oder nur um pauschale Beschimpfungen.

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Links und rechts der extremen Mitte

Nach den Exzessen vom 12. Dezember und den folgenden öffentlichen Meinungsäußerungen wird wieder einmal von ganz links die Ablehnung der „Extremismustheorie“ eingefordert, so in einem Artikel des Sprachlos-Blogs, bei dem kein Autor oder keine Autorin genannt wird. Zwar habe ich schon von Jesses Hufeisen-Bildnis gehört, glaube aber nicht, dass jeder, der den Begriff Extremismus benutzt, sich in solche theoretischen Konstrukte vertieft hat. Laut Autor(in) ist aber jede Kennzeichnung von Extremismus antidemokratisch.

Demnach sehe das Gesellschaftsmodell der Extremismustheoretiker so aus: „Schon im Laufgitter demokratischer Erziehung wird mit viel pädagogischer Emphase davor gewarnt, auch nur einen Schritt zu weit aus der Mitte zu driften.“ Auch wenn das (vielleicht) von manchen Patzelt- und Jesse-Anhängern tatsächlich so gesehen wird, ist doch die Einfachheit solch einer Betrachtungsweise all zu leicht durchschaubar. Warum muss sie dann ausgerechnet mit einem gleichermaßen simplen Modell gekontert werden? Extreme politisch Haltungen gäbe es nicht, jeder der von der Mitte abweiche, würde angeblich automatisch zum Extremisten abgestempelt. Dazu muss ich mich dann selbst zählen, ich verorte mich eindeutig links. Allerdings: Ich halte die Ausschreitungen vom 12. Dezember wie auch vorherige Zerstörungsorgien in Leipzig nicht allein für kontraproduktiv, sondern für extremistisch. Damit will ich nicht identifiziert werden. Man muss doch bloß mal in die Facebook-Seiten von OfD, Legida usw. gucken. Da gibt es einen Orgasmus nach dem nächsten, weil die Absicht der Organisatoren des Nazi-Aufmarsches noch viel besser aufgegangen ist, als sie sich erträumen konnten. Dass da nur ein kümmerliches Häuflein von etwa 150 Nazis da war, aber etwa zehnmal so viele friedliche Gegendemonstranten, spielt gar keine Rolle mehr. Es geht nur noch um die pseudolinken Gewaltexzesse. Das Ausmaß, in dem die sogenannten Autonomen die Rolle nützlicher Idioten der Nazis spielen, muss die Vermutung aufkommen lassen, dass die ganze Sache von V-Leuten gesteuert wurde.

Am 12. Dezember war ich nicht persönlich dabei. Doch schon vor vielen Jahren, als noch Worch versuchte, Leipzig zu einem Aufmarschgebiet zu machen, nahm ich wie auch manchmal im letzten Jahr bei einer Gegendemo und Blockade teil. Als von den Nazis noch gar nichts zu sehen war und nicht einmal feststand, ob sie über diese Route kommen, meinten einige Autonome, das „repressive System“ angreifen zu müssen, indem sie Mülltonnen von Genossenschaftshäusern – also einer kollektiven Eigentumsform – anzünden müssen. Ausgesprochen intelligent.

Auffällig ist, dass die Kritiker der Extremismustheorie genau dann aufheulen, wenn es um echte oder vermeintliche Linke geht. Wenn aber Legida oder OfD als rechtsextrem bezeichnet werden (so wie ich es tue), springt der Verteidigungsreflex nicht an. Müsste er aber gemäß der eigenen Logik. Denn Extremismus gibt es für sie ja gar nicht. Alle Rechten von Seehofer über Petry bis Bachmann und Worch sind gleich anzusehen, ebenso alle Linken von Özdemir über Kipping bis zu den namenlosen Helden des 12. Dezember. Diese Indifferenz ist gleichermaßen simpel, also doof, wie Jesses Hufeisen.

Vorläufig lasse ich es mir nicht von einer selbsternannten Polizei der Political Correctness verbieten, auch jenseits der politischen Mitte Differenzierungen vorzunehmen, darum manche Haltungen als extremistisch zu bezeichnen. Die Alternative dazu wäre, dass ich mich politisch überhaupt nicht mehr äußere und auch nicht an Gegendemos zu Legida und Co. teilnehme. Das wäre eine Kapitulation vor den Extremisten beider Seiten. Soweit bin ich noch nicht. Darum muss ich nochmal klarmachen, dass ich mit den gewaltverliebten Arschlöchern, die das Zertrümmern von Bushaltestellen für Widerstand gegen Kapitalismus und Repression halten, keinesfalls in einen Topf geworfen werden möchte.

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