Wohin mit den toten Tieren?

Die Frage, wie es mit dem Leipziger Naturkundemuseum weitergeht, ist in den letzten Jahren zum Running Gag verkommen. Nun zeichnet sich eine Lösung ab, die tragfähig sein könnte. Und fast schon selbstverständlich gibt es heftige Gegenargumentationen. Nicht in den Medien allgemein, sondern in einem Medium – der L-Iz.

Schon am 6. Januar fragte Chefredakteur Ralf Julke „Was soll denn ein Leipziger Naturkundemuseum an einem Standort, wo es keiner findet“ unter Berufung auf einen Leipziger Geologen, der offenbar noch nie in der Spinnerei war. Nun, wenige Tage vor der Entscheidung zuständiger kommunaler Ausschüsse, wird nachgelegt. Gleich zwei Artikel sind in der L-Iz, die ansonsten viele Großereignisse gerade im Kulturbereich mit keiner Zeile würdigt, heute zum Thema erschienen.

Es geht darum, dass das Museum nach den neuen Planungen ein Domizil in Halle 7 des Spinnereigeländes finden soll, bis vor wenigen Jahren nur als Domizil von Jim Whitings Party- und Kinetische Kunst-Location Bimbo Town bekannt.

Für die L-Iz steht unumstößlich fest, dass ein Naturkundemuseum unbedingt in die Innenstadt gehöre. Die Spinnerei hingegen gilt als Stadtrand. Das Berliner Museum gleicher Ausrichtung ist vom Alex oder Kudamm wahrscheinlich ähnlich weit entfernt, weitere Beispiele lassen sich weltweit finden. Und auch in Leipzig gibt es gut frequentierte Museen, die nicht ganz zentral liegen, das Deutsche Fotomuseum hat man sogar ohne Protest der L-Iz nach Markkleeberg abwandern lassen.

Die Spinnerei findet also keiner? Am vergangenen Wochenende waren es immerhin rund 10.000, die sich hingefunden haben, bei den großen Rundgängen im Mai und September sind es manchmal bis zu 25.000. Auch Kinder, häufig in Klassenstärke, sind dort zu sehen, gehört doch zu Halle 14 ein intensives Programm für den Nachwuchs.

Außer dem Naturkundemuseum soll mit dem Umzug von LOFFT und Leipziger Tanztheater ein zusätzliches kulturelles Konglomerat in der Spinnerei entstehen. Das Bimbo Town hat dann keinen Platz mehr, aber Whiting sucht sowieso nach einer höheren Halle, zum Glück in Leipzig. Wie sich die Theaterbesucher zumeist in den Abendstunden in die Spinnerei finden und danach zurück, ist für Julke kein Thema.

Es wäre tatsächlich gut, mit spitzem Bleistift nachzurechnen, ob eine Sanierung des Museums am jetzigen Standort oder die Umrüstung von Halle 7 mit Fördermitteln des Programms Leipziger Westen auf lange Sicht hin effizienter sind. Das macht aber Arbeit. In der Polemik geht es also vordergründig darum, dass die Spinnerei ja so abgelegen sei, dass da eben niemand hinkäme. Tatsächlich ist die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr nicht optimal. Ein erster Schritt könnte sein, die Linie 14 wie fast alle anderen Straßenbahnlinien der LVB im 10-Minuten-Takt verkehren zu lassen. Trotzdem ist es von der Endhaltestelle wie auch der benachbarten S-Bahn-Station immer noch ein gewisser Fußweg bis zur Spinnerei. Aber nicht mehr als vom Hauptbahnhof bis zur Pfaffendorfer Straße. Da könnte man zwar eine Station mit der Straßenbahn fahren. Aber was soll dann die rhetorische Frage: „Sollte man den emsigen Stadtratsfraktionen eigentlich mal die neuesten Ticket-Preise der LVB zumailen? Welcher Tourist, welcher interessierte Leipziger wird sich auf diese Tour machen, wenn er dabei nicht nur eine Menge Zeit verfährt, sondern auch Geld?“ Naturkundemuseen sind nur selten Touristenmagnete, wenn sie nicht etwas ganz Besonderes bieten können. Selbst der Steinerne Wald in Chemnitz, tatsächlich eine außergewöhnliche Attraktion, sorgt nicht dafür, dass Chemnitz auf dem Plan großer Reiseveranstalter steht.

Eine Behelfslösung, wesentlich einfacher, als die Straßenbahngleise bis zur Spinnerei zu verlängern, wäre eine neue Buslinie vom Zentrum aus. Der Fahrplan könnte exakt mit den Öffnungszeiten nicht nur des Museums, sondern auch den anderen dortigen Einrichtungen abgestimmt werden. Und der Bus kann auch direkt vor Halle 7 eine Haltestelle bekommen.

Die Intensität, mit der die L-Iz gegen den Plan trommelt, das Naturkundemuseum in der Spinnerei anzusiedeln, lässt den Verdacht aufkommen, dass da irgendwelche Lobbyisten im Hintergrund stehen, nicht des Museums selbst, sondern vielleicht bestimmter Bauunternehmen, die da irgendwelche Felle wegschwimmen sehen.

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Eine Antwort auf Wohin mit den toten Tieren?

  1. admin sagt:

    Ich wollte gerade bei der L-Iz einen Kommentar zur erneuten Polemik gegen die erneute Verlagerung des Naturkundemuseums schreiben.Ohne Erfolg. vielleicht bin ich da als Leserbriefschreiber dauerhaft gesperrt, vielleicht dürfen auch nur zahlende Abonnenten der L-Iz Kommentare schreiben. Das wird aber nirgends so betont.
    Darum hier mein Leserbrief:
    Mir ist die andauerde Polemik der L-Iz gegen den neuen Standort des Naturkundemuseums in der Spinnerei unverständlich. Hat sich die Leipziger Internetzeitung bisher Gedanken darüber gemacht, wie die Besucher der Galerien und anderen Ausstellungsorte dort hin kommen? An Rundgangswochenenden sind das bis zu 25.000 Menschen. Und wie kommen die Besucher von LOFFT und LTT künftig dahin und vor allem abends zurück nach den Vorführungen, wenn das Museum schon lange geschlossen hat?
    Ja, die Verkehrsanbindung des Spinnerei-Geländes ist nicht optimal. Die einfachste Lösung wäre eine neue Buslinie vom Hauptbahnhof bis in die Spinnerei selbst, bis in die Nachtstunden hinein und im 10-Minuten-Takt. Bis dann mal die Straßenbahn 14 verlängert werden kann.
    Nochmal: Warum diese intensive Polemik gegen die Verlagerung des Naturkundemuseums, während man sich um die Besucher der anderen dort schon vorhandenen und künftigen Kultureinrichtungen keine Gedanken macht?

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