Notwendiger Nachtrag zu Lüpertz

Zu meinem LVZ-Artikel bezüglich der Podiumsdiskussion zum Beethoven-Denkmal von Markus Lüpertz sind einige Ergänzungen notwendig. Das Gerede um Objektivität im Journalismus ist zwar Quatsch. Ohne persönliche Haltungen wäre nicht nur das Feuilleton stinklangweilig. Doch als Schreiber sollte man schon ein kleines bisschen neben dem Gegenstand stehen. Das genau war für mich in diesem Falle schwierig. Eingeladen war ich nicht für das Podium, hätte mich dem aber nicht verweigert im Unterschied zu den Unterzeichnern des Offenen Briefen, die fehlten. Dann wurde aber dort auf der Bühne mein Name mehrfach erwähnt. Da fällt die Überparteilichkeit schwer.

Mit Volker Zschäckel hatte ich an dieser Stelle ja schon eine heftige Auseinandersetzung. Er begann seine Ausführungen bei der Podiumsdiskussion damit, dass ihn nicht der Offene Brief der aufrechten 12 zur Reaktion veranlasst habe, sondern eben der Artikel in meinem persönlichen Blog und dabei speziell die Passage, in der ich zwar behaupte, die Unterzeichner hätten nichts mit Legida und AfD zu tun, würde es aber eigentlich so meinen. Das ist ein unsauberer Trick. In dem Artikel steht ganz klar, dass ich nicht den Inhalt des Briefes in die Nähe der Rechtspopulisten rücke (die gar nicht wissen, wer Lüpertz ist, und nur rudimentär mal was von Beethoven gehört haben), sondern die Ausdrucksweise, den Duktus. Legida auf Fremdenfeindlichkeit zu reduzieren und dann eben zu behaupten, ich würde die Briefschreiber als Feinde des Nichtleipziger Lüpertz denunzieren, zeugt von einem Unwillen, sich mit der Ideologie der Rechten überhaupt ernsthaft zu beschäftigen. Die haben einen tiefen Hass gegen alles, was ihren engen Horizont überschreitet. Nicht allein Ausländer (was immer sie darunter auch verstehen), auch Homosexuelle, Liberale und sowieso alles, was sie als Elite auffassen. Also die Politiker und Parlamentarier in Bund, Land und Kommunen, die Journalisten der Lügenpresse wie mich und auch Künstler und Galeristen, Herr Zschäckel, sofern die nicht volkstümliches Zeugs á la Bob Ross zeigen. All das muss weg! Ich verzichte hier aus ästhetischen Gründen auf die dort übliche Schreibweise in Versalien und mit vier bis fünf Ausrufezeichen. Schon jetzt versucht die AfD, Theater-Spielpläne zu beeinflussen.

Nein, die Unterzeichner des Offenen Briefes sind vermutlich keine Fremdenfeinde. Aber sie sind ganz eindeutig Stichwortgeber des populistischen Dieser Dreck muss weg! Das belegen die nachfolgenden Leserbriefe und Online-Kommentare. Der Brief sagt: Uns wurde von der Obrigkeit wieder einmal etwas vorgesetzt, was wir, also das Volk, nicht wollen. Also muss es beseitigt werden. Das ist 1 zu 1 Legida-Denkweise, wenn auch im Ausdruck etwas gewählter.

Als Verteidiger der Briefverfasser war neben Volker Zschäckel Manfred Jendryschik auf dem Podium, stellvertretend für den erkrankten Mitunterzeichner Gerhard Kurt Müller. Er sprach nun endlich die Ost-West-Neiddebatte offen an, die ich bisher gar nicht zu erwähnen wagte. Daneben aber behauptete er, es sei eben ein Verdikt, sich gegen Lüpertz zu wenden. Wer das tue, sei ein Idiot. Na aber, das steht jedenfalls bei mir so nicht drin. Und ich sage selbst, das ich die Plastik für kein gutes Werk halte. Das beste Argument dafür hat Lüpertz selbst geliefert. Er meinte, man könne eine Arbeit nur am eigenen Anspruch des Künstlers messen. Dass er sich redlich um gute Kunst müht, glaube ich ihm sogar. Doch er sagt auch, es liege ihm fern, Karikaturen zu verfertigen. Der Beethoven hat nun allerdings Züge einer Karikatur, muss also gemäß der selbst aufgestellten Maßstäbe nicht gelungen sein.

Jendryschikbeklagte dann noch, dass sein vierseitiger Text in der LVZ nicht abgedruckt worden sei, typisch für den Umgang des Blattes mit lokalen Künstlern und Schriftstellern. Wenn er die Zeitung nur einmal durchblättert, muss er eigentlich merken, dass da solch eine unverlangte Einsendung keinen Platz hat. Und nach einer Kürzung um 80 Prozent würde er die Sinnentstellung beklagen. Hier in diesem Blog hätte ich den Text veröffentlichen können, doch ich habe ihn nicht erhalten.

Richtig dankbar bin ich einem Besucher der Veranstaltung, der sich als Manfred Hoffmann, 68 Jahre, vorstellte. Im Unterschied zu den schaumgebremst agierenden Kritikern der Plastik auf dem Podium brachte er so richtig zum Ausdruck, was Hans-Werner Schmidt eingangs mit den Empörungs-Junkies gemeint hat. Dieser Beethoven da draußen evoziert Widerwillen und Ablehnung, sagte Herr Hoffmann. Lüpertz solle den Unmut der Leipziger Bürger nachdenken und den Beethoven aus dem öffentlichen Raum entfernen.

Genau da ist diese Haltung, die ich den Briefschreibern unterschiebe: Wir sind das Volk. Und das Volk will so was nicht. Also muss es weg. Dieser Herr Hoffmann war sich so sicher, im Namen der Leipziger zu sprechen, muss dann wohl überrascht gewesen sein, dass andere Mitbürger entweder Toleranz einforderten oder sogar ausdrücklich für den Verbleib der Arbeit plädierten.

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2 Antworten auf Notwendiger Nachtrag zu Lüpertz

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  2. Uwe Kolodziej sagt:

    Offener Brief an Markus Lüpertz
    19.06.2016

    Lieber Markus Lüpertz,

    ich möchte Sie darin bekräftigen, Ihre Vorhaben in Leipzig umzusetzen. 

    Das manche Leipziger mit Ihrer Beethovenplastik nicht einverstanden sind und das kund tun, ist deren Meinungsrecht…

    Ich finde, dass Sie uns Leipzigern einen großen Gefallen erweisen – das ist sehr die Würdigung wert! Angenommen, die Plastik wäre ein trojanischer Dukatenesel, sie wäre es ebenso wert, geachtet zu werden, weil es besser ist, als dass niemand etwas von sich der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Diese „Ihre Geste“ schätze ich und habe die Hoffnung, dass noch viele Leipziger Ihnen dafür danken.

    Ich unterstütze Ihre Projekte gerne und freue mich auf ihre Entdeckungen.

    Für eine freudevolle Gemeinschaft
    Uwe Kolodziej

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