Tod einer schillernden Persönlichkeit

Aus der Chemnitzer Freien Presse habe ich gerade erfahren, dass Georg Brühl am vergangenen Sonnabend gestorben ist. Ich war in den frühen Neunzigern zwei Jahre zur Aufarbeitung seiner Bibliothek und Grafiksammlung bei ihm beschäftigt, habe ihn also ganz gut kennengelernt.Seine Persönlichkeit knapp zu charakterisieren, ist kaum möglich, zu schillernd und facettenreich ist sie – Kunstsammler mit sicherem Instinkt, Stasi-Berichteschreiber, Querkopf und Egozentriker, Quartalssäufer und bekennender Schwuler …  Und vieles mehr. Genialität und Peinlichkeit lagen bei ihm immer dicht beeinander. Im Endeffekt war er schließlich eine tragische Figur. Die letzten Jahre soll er wohl sehr krank gewesen sein, ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen. Ein Teil der Sammlung ist zwar nun im Schloss Lichtenwalde dauerhaft zu sehen. Doch es wäre auch viel eher eine größere Präsentation machbar gewesen. In Chemnitz und Zwickau ist es wegen der Stasi-Vergangenheit gescheitert, in Lichtenstein aber wegen Brühls Fähigkeit, auch wohlmeinende Freunde vor den Kopf zu stoßen. Solange ich Kontakt zu ihm hatte, wollte er nie offen über die IM-Tätigkeit reden, behautete immer nur, damit niemandem geschadet zu haben. Das dürfte so nicht ganz stimmen. Immerhin hat er persönlichen Nutzen aus der Zwangsenteignung mancher ausreisewilliger Sammlerkollegen gezogen.

Auch seine Rolle als Kunstkenner ist zweideutig. Die Publikationen waren zumeist ein Gemeinschaftswerk vieler Beteiligter, denn sein Fachwissen blieb doch häufig genug an der Oberfläche. Allerdings hatte er ein untrügliches Gespür für Trends. In den fünfziger und sechziger Jahren, als Jugendstil in der DDR als bürgerlich-dekadent verpönt war, konnte er eine beachtliche Sammlung mit Kunsthandwerk dieser Periode aufbauen. Dass er sie freiwillig dem Köpeniker Museum übereignet hat, stimmt nicht ganz. Das war eher ein Ausweg, um der Stasi ein Druckmittel weniger zu bieten. Es reichte ja schon, schwul zu sein, um erpresst werden zu können. Als Jugendstil dann zu teuer wurde, konzentrierte er sich auf Art déco, später auf Ikonen und schließlich ostasiatische Kunst. Um das finanzieren zu können, trennte er sich immer wieder von älteren Sammlungsbeständen, deren Marktpreis unterdessen gewachsen war.

Seine dreietagige Wohnung an der Karl-Liebknecht-Straße in Chemnitz war eine faszinierende Wunderkammer. Manchmal war er selbst über Funde von Gegenständen, die er seit Jahren nicht in der Hand hatte, überrascht. Ob er aber jemals wirklich glücklich war, weiß ich nicht.

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21 Antworten auf Tod einer schillernden Persönlichkeit

  1. liebetrau sagt:

    Hallo, Herr Kassner, Ihr Artikel zu Georg Brühl gefällt mir sehr gut – ist es doch immer eine kleine Gratwanderung, über ihn zu schreiben…

  2. admin sagt:

    Das Lob ist ja schmeichelhaft, aber gleich nachdem ich den Artikel abgeschickt hatte, dachte ich mir, da wohl doch etwas hart über einen gerade Verstorbenen geurteilt zu haben. Immerhin war er ja doch viel interessanter als all diese farblosen, mittelmäßigen Zeitgenossen. Brühl liebte die Extreme im Guten wie im Schlechten. Und da muss ich an einen Spruch aus der Blütezeit der Hippie-Bewegung denken: It´s better to burn out than to fade away. Vielleicht stimmt das.

  3. Borrmann, Hansjürgen sagt:

    Ich finde Ihren Artikel einfach dumm und gechmacklos.
    Wie Sie selbst erkennen, haben Sie Brühl viele Jahre nicht gesehen.
    Auch ich habe Sie in den Neunzigern bei Brühl nicht kennengelernt, wo Sie doch so viel dort gearbeitet haben wollen.
    Ich bin 1981 aus der DDR ausgereist, und Brühl wusste alles über meinen Sammlerhausrat, den ich mitnehmen wollte.
    Nach dem Ergebnis zu urteilen, kann Brühl keine Infos an die Behörden gegeben haben.
    Brühl hat niemanden persönlich geschadet.
    Wer es anders erlebt hat, soll seine Stimme erheben und das Gegenteil beweisen.
    Und Sie sollten besser schweigen in Ihren unsäglichen Mutmaßungen!
    Ach so:
    Was haben Sie denn so vor der Wende gemacht?
    Schöne Grüße
    H.B.

  4. admin sagt:

    Guten Tag Herr Borrmann,
    ihre subjektive Meinung zu meinem Text können Sie gern äußern, das ist Ihr gutes Recht. Wenn Sie ihn dumm und geschmacklos finden, dann ist das eben so. In Ordnung, das ist Ihre Meinung.
    Einige Antworten dürfen aber auch mir erlaubt sein. Zunächst zu der zuletzt gestellten Frage, was ich denn vor der Wende gemacht hätte: Ich verstehe nicht ganz den Sinn der Fragestellung. Ist jeder, der nicht vor 1989 ausgereist ist wie Sie, automatisch ein Arschloch? Dann müsste es Georg Brühl ja sowieso gleichermaßen sein. Was ich vor wie nach der Wende gemacht habe, können Sie ebenjener Internetseite, auf die Sie gerade gestoßen sind, unter der Rubrik „Mehr Details“ entnehmen. Brauchen Sie dazu noch weitere Informationen? Dann fragen Sie bitte konkret nach.Ich habe nichts zu verbergen.
    Auch ich habe Sie nicht bei Georg Brühl kennen gelernt, oder kann mich nicht daran erinnern. Ich war von November 1991 bis Oktober 1993 wochentags acht Stunden bei Georg Brühl beschäftigt und habe dabei viele Personen gesehen. An eine Menge kann ich mich erinnern, an manche nicht. Vielleicht waren Sie darunter. Ich habe kein sehr gutes Personengedächtnis, tut mir leid.
    In dieser Zeit habe ich allerdings auch sehr viele Informationen erhalten, vor allem von Georg Brühl selbst. Da von „unsäglichen Mutmaßungen“ zu sprechen, ist also nicht ganz richtig. Mit dem „beweisen“ ist aber auch so ein Ding. Natürlich hatte ich kein Diktiergerät laufen und mir auch nichts schriftlich bestätigen lassen. Darum geht es mir aber auch gar nicht. Ich selbst bin nicht von Georg Brühl geschädigt worden, kannte ihn ja vor 1990 gar nicht. Mich störte aber auf jeden Fall seine Beharrlichkeit, sich keine Schuld eingestehen zu wollen. Andere Leute, die auch irgendwie in die Fänge der Stasi geraten sind, haben offen darüber gesprochen, auch mit den Leuten, welche sie bespitzelt haben. Dazu war er, solange ich Kontakt mit ihm hatte, nie bereit. Ich weiß, dass Brühl von der Stasi unter Druck gesetzt wurde, und dass es schwer war, sich dem zu entziehen. Das habe ich auch in meinem Text zumindest angedeutet. Daraus nun den Schluss zu ziehen „Brühl hat niemandem persönlich geschadet“, so wie Sie es tun, halte ich trotzdem für eine unzulässige Verallgemeinerung. Woher wollen Sie das wissen? Waren Sie sein Führungsoffizier, um das umfassend beurteilen zu können? Er hat Ihnen nicht geschadet, also niemandem? Sind Sie Niemand? Sie haben doch einen konkreten Namen, falls der echt ist. Meiner ist jedenfals nachles- und nachprüfbar.
    Also: Falls Sie wirklich noch konkrete Fragen haben, teilen Sie die mir bitte mit.
    Ebenfalls schöne Grüße
    Jens Kassner

  5. Borrmann, Hansjürgen sagt:

    Lieber Herr Kassner,

    was regen Sie sich denn so auf.
    Ich habe Ihre derben Ausdrücke weder gebraucht noch gedacht.
    Offensichtlich sind Sie tatsächlich ein Mensch voller Mutmaßungen und Unterstellungen.
    Ohne auf Ihren Roman einzugehen, dazu fehlt mir die Zeit und die Lust, nennen Sie konkret Personen, denen durch Brühls IM- Tätigkeit persönliche Nachteile erwachsen sind.
    Anderenfalls gehe ich davon aus, dass Sie Ihren Artikel in etlichen Passagen nur abgeschrieben haben, denn neue Erkenntnisse haben Sie nicht eingebracht.
    Ich lasse mich gern von durch Brühl Geschädigte, wenn es sie gibt, eines Besseren belehren, Sie sind offensichtlich dazu nicht geeignet.
    In einem will ich Ihre Frage noch beantworten:
    Ich bin ein Niemand.
    Wozu verschwenden Sie Ihre Zeit mit mir.
    Beste Grüße
    H.B.

  6. admin sagt:

    Die letzte Bemerkung mag vielleicht berechtigt sein. Aber solche Pauschalaussagen, dass ein IM in seiner dreißigjährigen Tätigkeit für die „Firma“ keinem geschadet habe, kann ich nicht unwidersprochen stehen lassen. Es interessiert mich auch, woher der Antrieb eines selbsternannten Weißwäschers kommt, ebenjene Tätigkeit unbedingt verteidigen zu wollen und dazu eine Mischung aus alttestamentarischem Pathos („… soll seine Stimme erheben …“)und drohendem Unterton („Was haben Sie eigentlich vor der Wende gemacht?“) benutzt.
    Auch eine andere Bemerkung kann ich als beruflicher Autor nicht unkommentiert lassen, dass ich nämlich abgeschrieben hätte. Wenn ich irgendwo abschreibe, gebe ich stets die Quelle an. Welche das in diesem Falle überhaupt sein könnte, ist völlig unklar. Den einzigen Artikel, den ich zu diesem Thema gelesen habe, ist der von Reinhold Lindner in der Freien Presse. Und da sind meiner Meinung nach zwei Unkorrektheiten drin.
    Ein kleiner Hinweis noch für Ihre akribische Recherchetätigkeit. Vielleicht fragen Sie mal Rüdiger Knechtel, was er zu der Darstellung meint, Georg Brühls IM-Arbeit sei völlig harmlos gewesen.
    Vermutlich meint auch jener Mensch, der 1988 ein Exmatrikulationsverfahren aus politischen Gründen gegen mich kurz vor dem Diplom angestrengt hat, er habe doch nie jemandem schaden wollen. Das ist so ein wertloses Standardargument.

  7. Borrmann, Hansjürgen sagt:

    Erklären Sie doch einfach, warum Sie behaupten, Brühl habe durch Ausreisewillige persönlichen Nutzen gezogen.
    Was gleichwohl bedeutet, er habe andere geschädigt.
    Bis heute kenne ich keinen Fall, der Ihrer Aussage nahekommt.
    Außerdem gehe ich davon aus, hätte Brühl anderen durch seine Stasitätigkeit geschadet, wäre das an Hand von entsprechenden Unterlagen von den Betroffenen in den vergangenen 19 Jahren längst angeprangert worden.
    Ich darf mich Stasiopfer nennen, warum sollte ich dann IM- Tätigkeiten weißwaschen wollen?
    Ich schere nur nicht alle über einen Kamm.
    Ihre ständigen Unterstellungen und Mutmaßungen sind abenteuerlich und tragen wohl schon pathologische Züge.
    Sie sind Autor, und wissen nicht, wie meine Frage nach Ihren Tätigkeiten zu verstehen ist?
    Ganz ehrlich, das ist mir wurscht.
    Vielleicht waren Sie ja einer, der dem Staat nicht gedient hat, auch nicht zugesehen hat, wo er bleibt, dem Opportunismus ein Fremdwort im wahrsten Sinne des Wortes ist.
    Kann sein, muss nicht sein.
    Es gäbe wirklich noch eine Menge aufzuarbeiten im Bereich Stasi, IMs, usw.
    Tuen Sie doch da was, als Autor.
    Suchen Sie sich doch die Leute raus, die heute Staatspensionen beziehen und richtig Dreck am Stecken haben.
    Ein paar könnte ich Ihnen gleich nennen.
    In Chemnitz laufen etliche glücklich herum.
    Natürlich ist es leicher, in einem Nachruf anzuprangern, da kann sich keiner wehren.
    Ich bin dafür, unseren Thread zu beenden.
    Ich glaube, wir beide reden unglücklich aneinander vorbei.
    Vielleicht sind wir in Wirklichkeit nicht so weit voneinander entfernt.
    Egal:
    Ihren Nachruf wird durch unseren Senf hier trotzdem nicht besser.
    Alles Gute
    H.B.

  8. admin sagt:

    Es ist tatsächlich sinnlos, mit jemandem diskutieren zu wollen, der eine fertige Meinung hat. Ein Name, den ich bezüglich des „Aufschreis“ Geschädigter schon genannt hatte, wird dann eben schlicht ignoriert. Macht ja auch Mühe, da zu recherchieren. Kleiner Tipp: Chemnitzer Tageszeitungen um den 12. März 1992 herum könnten helfen, falls man überhaupt etwas wissen möchte. Dann könnte man auch noch Chemnitzer Künstler wie Ranft, Morgner, Kozik befragen. Auch die fanden damals sehr deutliche Worte. Zwar sind das keine Sammler, die ihre Schätze in den goldenen Westen schaffen wollten, aber hintergangen fühlten sie sich auf jeden Fall.
    Ich habe zu Lebzeiten versucht, mit Brühl über das Thema zu sprechen, auch andere. Da kam nur Blockade, abgesehen von den fragmentarischen Informationen, die er im angetrunkenen Zustand von sich gab. Da nun Leichenfledderei vorzuwerfen ist Quatsch. Um es abschließend nochmals zu betonen: Ich werfe ihm nicht seine Stasitätigkeit selbst vor, wohlwissend, dass er erpressbar war. Aber seine demonstrative Abwehrhaltung nach der Enttarnung.
    Vorgeben, worüber ich schreiben sollte oder nicht, lasse ich mir nicht. Politisch-investigativer Journalismus ist nicht meine Strecke, ich bin Kunsthistoriker. Deswegen darf ich trotzdem bei Gelegenheit meine Meinung auch zu gesellschaftlichen Themen äußern. Nun beendige ich meinerseits aber tatsächlich die Diskussion.

  9. jurij sagt:

    Hallo Herr Kassner,
    leider hab ich erst vor ein paar Tagen vom Tode Georg Brühls erfahren, leider. Und nach weiteren Informationen suchend, auf ihre Seite gestoßen. Es ist schon merkwürdig, dass Georg einen Tag vor seinem Geburtstag gestorben ist. War es ein normaler Tod? Und wo ist er beerdigt. Können sie mir das schreiben?
    Kurz zu ihrem Dialog mit Herrn Borrmann auf diesen Seiten. Wobei ich mehr zu seine Meinung teile. Herrgott muss denn alles Private benannt und Öffentlich gemacht werden. Und wenn schon, dann sollten auch alle seine Verdienste erwähnt werden. Zum Beispiel sein großartiges Buch „Herwarth Walden und „Der Sturm“. Ein fast Grundlagenbuch über diese hochinteressante Zeit. Vergleichbares gab und gibt es nicht. Von der Kritik leider viel zu wenig beachtet. Georg hat sich ein größeres Echo erhofft, zurecht und ich hätte es ihm sehr gewünscht.
    Ihre Äußerungen zu Georgs IM Tätigkeit, sind völlig überzogen, überbewertet. In meinem Fall, war er neben einem weiterem IM der, welcher mich nach der Wende in Berlin anrief, und sich für zwei, drei Berichte entschuldigte, die er über mich verfasst hatte. Er hatte Charakter! Und ich habe mit ihm auch über DIE gesprochen. Über DIE, die ihn wieder mal besuchten, ihn ausfragten, in seiner Wohnung stöberten. Zugegeben, dass er IM gewesen war wusste ich nicht, hat mich aber nicht weiter verwundert, als ichs denn erfuhr.
    Was hat ihn letztendlich ausmachte – sein Wissen. Sein enormes Wissen über den Jugendstil, über Dadaismus, als es darüber kaum Bücher gab. Sein Wissen über die russische Kunst- und Kulturgeschichte. Er sprach russisch und begeisterte auch andere bei seinen Exkursionen nach Petrograd. Seine Ikonensammlung war nur ein kleiner Teil dessen, was seine Liebe zu Russland oder auch zur Sowjetunion ausmachte. Und zählte doch zu den „Vertriebenen“…
    Ich schätze Georg sehr, genauso wie er war. Ich habe ihm sehr viel zu verdanken. Mein Leben wäre ohne ihn viel weniger interessant verlaufen.
    So beschränkt, wie sie Georg beschreiben, war er nicht. Er war in der DDR-Gesellschaft auf mehreren Gebieten der Kunst einzig und ohne Beispiel. Das war Schorsch.
    Sie würden mir ein große Freude machen, wenn sie mir auf die obern gestellten Fragen antworten würden.
    Beste Grüße!
    Jurij

  10. admin sagt:

    Soviel ich weiß, ist Georg Brühl eines natürlichen Todes gestorben. Er war ja schon seit Jahren krank. Begraben ist er in Chemnitz auf dem Zentralfriedhof.
    Richtig ist sicherlich, dass die Bücher über Herwart Walden und über die Cassirers Standardwerke zu diesen Themen sind. Das ist etwas Bleibendes. Und dass er dazu immer auch Zuarbeiten anderen benutzt hat, ist normal, viele Professoren setzen für ihre Bücher ganze Studentengruppen ein.
    Zu seinen Russischkenntnissen muss ich allerdings sagen, dass sie rudimentär waren. Ich spreche relativ gut Russisch und kann das beurteilen. Die Ikonensammlung nun als Zeichen der Freundschaft zu Russland zu werten, ist etwas problematisch. Ikonen sind generell russisches Kulturgut und dürfen nicht ohne besondere staatliche Erlaubnis ausgeführt werden. Was sich hier auf dem Markt befindet, ist zu 99 % illegal über die Grenze gekommen.
    Dass Georg Brühl bemerkenswerte Fähigkeiten auf einigen Gebieten hatte, habe ich ja geschrieben. Aber dass er eben auch eine sehr schwierige Persönlichkeit war, zeigt nicht zuletzt, dass er noch wenige Tage vor seinem Tod das Testament geändert hat, was die Schlossverwaltung Lichtenwalde in große Aufregung versetzt hat und den Förderverein zur Auflösung veranlasste.
    Alles „Private öffentlich machen“ ist bei einer Person wie Georg Brühl eine zweideutige Angelegenheit. Er lebte quasi in der Öffentlichkeit. Da ist es nicht verwunderlich, dass dann auch mehr öffentlich wird, als bei einfachen Normalbürgern.

  11. jurij sagt:

    Vielen Dank für die Informationen um Schorschs Tod.
    Über den Ikonenhandel, müßen Sie mich nicht aufklären.
    Ihren Zeilen entnehme ich, dass Sie Schorsch nicht gemocht haben resp. von ihm irgendwann sehr enttäuscht wurden.
    Warum stellen Sie alles, was er getan und geleistet hat, in Frage? Wenn er die letzten Tage noch sein Testament geändert hat, wird er dafür seine Gründe gehabt haben. Vielleicht auch nur deshalb, weil er einsam war, weil er keinen Gesprächspartner hatte in dieser für ihn schwierigen Zeit. Ich hab ihn in Lichtenwalde leider nur zwei Mal besucht. Und hätte es öfters tun sollen. Er war nicht glücklich dort, natürlich nicht. Aber welche Alternativen gab es für ihn seinen Lebensabend zu beschließen und seine Arbeit, seine Sammlungen geordnet zu hinterlassen?
    Versuchen Sie, Schorsch zu verstehen. Das wünsch ich mir – und Ihnen.
    Jurij

  12. admin sagt:

    Der Tod von Georg Brühl ist nun vier Monate her, trotzdem wird mein ganz spontan geschriebener Artikel immer noch häufig angeklickt, es erreichen mich Kommentare wie der obige und sogar Anrufe, da ich meine Kontaktdaten in dieser Internetseite ja nicht verberge. Eines verstehe ich angesichts des überwiegend heftigen Widerspruchs gegen meine Meinung nicht: Wieso bringen die vielen Fans von „Schorsch“ ihre Darstellung nicht selbst aktiv ins Internet ein. Bei Suchanfragen in Google lande ich immer ganz vorn, ohne das gewollt zu haben. Es ist doch heute wirklich nicht mehr so schwer, seine Meinung zu veröffentlichen. Genau das habe ich getan. Völlig subjektiv. Plötzlich werde ich aber als eine verbindliche Instanz in Sachen Georg Brühl behandelt. Vielleicht kenne ich ihn durch den zweijährigen tagtäglichen Kontakt über je acht Stunden tatsächlich besser als andere, die ab und zu nett mit ihm geplaudert haben. Aber deswegen maße ich mir nicht an, ein abschließendes Urteil zu fällen. Wieso veröffentlichen „jurij“ und „Borrmann, Hansjürgen“ ihre Nekrologe nicht selbst, sondern stellen meine persönliche Meinung nur in Frage? Wer schreibt endlich den gründlich recherchierten, nachpüfbaren Artikel über Georg Brühl? Ich wahrscheinlich nicht. Warum tut es kein anderer? Scheint doch ein lohnendes Thema zu sein.

  13. Anonymous sagt:

    Hallo Hr.Kassner!Das ist mein erster Kommentar im Netz, bin deshalb noch etwas steif in der gängigen Wortwahl vom w.w.w..Es tut mir aufrichtig leid, das Sie hier sich nahezu rechtfertigen sollen, obwohl Ihr Artikel sachlich,fundiert und keinesfalls ehrabschneident oder ähnliches ist.Schön ist Ihr toleranter Umgang mit Ihren „Kritikern“.Woher kommt bloß der Spruch, man hätte doch niemanden geschadet? Das ist doch selbst bei Krenz und Mielke so gewesen. Es gab ja wohl auch keine politischen Gefangenen in der DDR,jedenfalls nicht durch IM`s.Konnten diese Leute eigentlich nicht förmlich riechen, wie brisant und gefährlich ihre harmlosen Aussagen waren? Das Sprüche wie:“Der hört manchmal Westradio“. zu Beschränkung der Reisefreiheit führten oder:“Der ist aktiv in der Kirche“. einem das Studium vermasselten, muß doch jeder IM zumindest geahnt haben.Fakt ist damit, daß jede Aussage zu einem Schaden führte.Das die Berichte der IM`s zu irgendwelchen Konsequenzen gegenüber den Betroffenen führten, wer -allen Ernstes- hat das nicht gewußt?Niemanden geschadet können nicht mal die Unschuldigen sagen.Mein Vater ist nun schon wieder viele Jahre tot, auch wegen der fehlenden Aufarbeitung. G.Brühl hat sich nie bei ihm entschuldigt.
    Ihnen alles Gute. MfG Knechtel

    • UL sagt:

      …. handelt es sich hier um R. Knechtel. Ich kenne Ihn gut, war mit ihm 1983 mehrer Monate zusammen auf 10qm. Ich wegen Paragraph 213 … Bei Interesse einfach melden.

  14. kryptart sagt:

    Sehr geehrter Herr Kassner,
    ich bin eben durch Zufall auf diese alte Diskussion gestoßen.
    Wie den meisten Auseinandersetzungen zu diesem Thema fehlt auch dieser die notwendige Nüchternheit und scheint eher von persönlichen Befindlichkeiten und Verletzungen geprägt zu sein, und obwohl mir das IM-Thema eigentlich sonstwo steht, möchte ich in diesem Falle doch einige Worte dazu sagen.
    Ich habe Georg Brühl Anfang der 80er kennen gelernt und im Laufe der Zeit hat sich ein gutes Verhältnis entwickelt, das ich jedoch keinesfalls als enge Freundschaft sondern eher als gute Bekanntschaft bezeichnen würde. Das letzte mal sah ich ihn anläßlich seines 65. Geburtstages.
    Die nach der Wende aufflammende Empörung über Brühls IM-Tätigkeit, insbesondere die aus der Ecke Morgner, Ranft u.s.w. war mir suspekt, sie erscheint mir auch heute noch als zutiefst verlogen und im Wesentlichen durch taktische Überlegungen motiviert gewesen zu sein. Einfach zum Kotzen! Ich habe alle Bilder von diesen Leuten verkauft, wie konnte ich nur je die Kunst von solchen Flachköpfen und Intriganten gut finden!
    Meiner Ansicht nach jdenfalls hätte es auch schon lange vor der Wende jedem, der sehen wollte klar sein müssen, daß Brühl irgend eine Art Deal mit der Stasi gehabt haben muß, denn er war in zweifacher Hinsicht angreifbar, einerseits als Sammler und anderseits als Homosexueller, das darf man nicht vergessen, denn in der DDR galt eine diesbezügliche Sondergesetzgebung ($151) bis 1989.
    Seit die Stasi die KoKo von der Kette gelassen hat muß jedem Sammler klar gewesen sein, er wird seine Sammlung, jedenfalls wenn sie einen gewissen Wert überschreitet nur dann bewahren können, wenn er sich irgendwie arrangiert.
    Nichts ist einem wahren Sammler mehr wert, als seine Sammlung, dafür würden die meisten fast und manche buchstäblich alles tun, dem ordnen sie alles unter! Man mag darüber denken wie man will, aber das ist einfach so.
    Brühl jedenfalls hätte seine Sammlung irgendwann 100%ig verloren, er war einfach ein zu gutes Ziel, also hat er große Schenkungen gemacht, hat sich in der Öffenlichkeit exponiert und hat sich mit dem Staat, also defacto der Stasi arrangiert. Ich vermute, er hatte so eine Art Beraterfunktion in Sachen Kunst und Künstler, und ehrlich gesagt, es würde mich nicht wundern, wenn er denen größtenteils das Blaue vom Himmel herunter erzählt hat, auf dem Gebiet waren die doch völlig ahnungslos und außerdem wäre das genau sein Stil gewesen.
    Ob Georg Brühl jemandem geschadet hat, wird sich wahrschenlich nie klären lassen, ich kenne jedoch niemanden und habe auch von niemandem ghört, der negatives über ihn in seiner Akte gefunden hätte, ich in meiner auch nicht und neige daher eher dazu diese Frage mit nein zu beantworten.
    Anderseits kannte ich ihn gut genug, um mir durchaus vorstellen zu können, daß er der Versuchung erlegen ist, seine Beziehungen insofern zum eigenen Vorteil zu nutzen, wenn sich dadurch die Möglichkeit bot, seine Sammlung aufzustocken.
    Wie gesagt, mir war das schon zu DDR-Zeiten zumindest im Prinzip klar, und denen, die nach der Wende angeblich aus allen Wolken gefallen sind, nehme ich das nicht ab.
    Es ist nicht an mir, den Stab über ihn zu brechen.
    Georg Brühl hat zweifelsohne Fehler gemacht und er hat sich nach der Wende definitiv falsch verhalten, das steht außer Frage.
    Ich jedoch werde ihn dennoch als einen Menschen in Erinnerung behalten, den zu kennen ein Gewinn war.

  15. admin sagt:

    Ich finde, dass man bei solch einer Meinungsäußerung ruhig seinen Klarnamen nennem sollte, statt sich hinter einem Baron Kryptart zu verstecken.
    Auch scheint es interne Widersprüche im Text zu geben. Da wird einerseits die nötige Nüchternheit jenseits von persönlichen Befindlichkeiten angemahnt, doch andererseits heißt es dann: „Ich habe alle Bilder von diesen Leuten verkauft, wie konnte ich nur je die Kunst von solchen Flachköpfen und Intriganten gut finden!“ Wo bleibt da die Nüchternheit?
    Und zur Behauptung „ich kenne jedoch niemanden und habe auch von niemandem ghört, der negatives über ihn in seiner Akte gefunden hätte“ wäre es vielleicht sinnvoll, den vorherigen Kommentar zur Kenntnis zu nehmen.

  16. kryptart sagt:

    Tja, was wäre das Leben ohne Widersprüche.
    Ich verstecke mich nicht hinter dem Pseudonym kryptart, na aber hallo admin, ich bin kryptart, und ich bin nun mal u. a. im Bereich Computer-/Internet-Security tätig, weiß daher was ich tue, ich bin eben notorisch vorsichtig – Berufskrankheit – aber wohlbegründet.
    Baron sagte mir kürzlich, er werde oft für kryptart gehalten, das ärgert ihn manchmal, aber er weiß schon, was er an mir hat.
    Lustig!

  17. Birgit Mix sagt:

    Sehr geehrter Herr Kassner,
    es war mir ein Vergnügen oben angeführtes Wortgefecht zu verfolgen. Auch ich habe ein Jahr bei Herrn Brühl verbracht und durfte „seine Schätze“ fotografieren. Es würde mich freuen Sie als Gast im Museum im Schloss Lichtenwalde begrüßen zu dürfen. Dort sind die Sachen zu sehen, die nicht im Auktionshaus Heickmann momentan zum Verkauf angeboten werden.
    Herr Brühl liegt auf dem Friedhof in Ebersdorf.
    Mit freundlichen Grüßen
    Birgit Mix

  18. Sushichris sagt:

    Egal was über Georg geredet und publiziert wird -Er war ein guter Freund, liebenswerter Gesprächspartner, profunder Kunstkenner, bekennender Schwuler, und Genießer!
    Etwas exentrisch, aber immer provokant und auch lebensfroh. Einem guten Schluck nicht abgetan und aber immer offen für Freunde.
    Wir vermissen ihn!

  19. Pingback: zehn jahre in leipzig | Jens Kassner

  20. Steve Adner sagt:

    Hallo Jens,
    wir sollten uns noch kennen. Ich habe damals bei Georg in der oberen Etage (Ikonenzimmer) eine Zeit lang gewohnt. Dadurch bedingt habe ich George sehr gut kennengelernt. Den Inhalt deiner Niederschrift kann ich bedingt teilen. Manche Aussagen nicht. Jedoch achte ich die Meinungen andere. George war in meinen Augen im wesentlichen ein guter Kerl welcher wohl nie so recht seine Erfüllung in sich gefunden hat. Das eine so bedeutender Kunstsammler zu DDR-Zeiten sich mit dem Regime engagieren musste, wird von mir verständlich repektiert.
    Kurz vor seinem Tod besuchte ich Ihn auf Schloß Lichtenwalde. Mir begegnete ein einsamer Mann in einer wunderbaren Umgebung. In Chemnitz war seine Wohnung stets gut frequentiert, hier jedoch kam selten jemand vorbei.
    Danach begegneten wir uns ein letztes Mal, zur Beerdigung auf dem Stiftsfriedhof in Chemnitz – Ebersdorf.
    Als Erinnerung an Georg habe ich erst kürzlich ein Gemälde aus seinem Nachlaß (wurde von Ihm an eine 3.Person verkauft) zurückgekauft.

    Liebe Grüße

    Steve Adner

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