Der Traum des Ziegenzüchters von der Grauen Eminenz

Eine Publikation durchleuchtet Götz Kubitscheks „Institut für Staatspolitik“

Entspricht der Untertitel nicht exakt dem Vorwurf, dass alle Leute, die ein andere Meinung haben, pauschal als Nazis oder Faschisten bezeichnet werden? „Das IfS. Faschist*innen des 21. Jahrhunderts“ steht da.

Doch schon in den einführenden Abschnitten wird erklärt, wie es zu dieser Kennzeichnung kommt. Armin Mohler, der Hausheilige der Neuen Rechten in Deutschland, hat 1995 in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung auf die Frage, ob er Faschist sei, geantwortet: „Ja, im Sinne von Primo de Rivera.“ Dieser hatte in Spanien 1923 eine Militärdiktatur errichtet. Und bezüglich der Nachfrage seiner Haltung zu Hitler sagte Mohler: „Er hat immerhin eine richtige Führung geschaffen. Die Kader, die er heranzog, hatten Stil.“

Viele Menschen, die heute rechten bis rechtsradikalen Ideologien anhängen, schimpfen darüber, „in eine Ecke gestellt zu werden“ und gar nicht rechts zu sein (bevorzugte Ausdrucksweise: weder rechts noch links). Götz Kubitschek und Karlheinz Weißmann, den Gründern des IfS, kann man zugute halten, sich nicht an solchen Wortspielen zu beteiligen und sich dazu zu bekennen, rechts zu sein. Extrem rechts müsste man ergänzen, vom Attribut faschistisch haben sie sich nicht distanziert. Das spricht für sich.

Es ist das erste Buch, das vom antifaschistischen Magazin „der rechte rand“ herausgegeben wird. Im Unterschied zu diversen Internetplattformen, die sich intensiv mit der rechten Szene beschäftigen, gibt „der rechte rand“ seit langem auch ein gedrucktes Journal heraus. Eines der Standardthemen darin ist die Auseinandersetzung mit dem Institut für Staatspolitik. Diese als „Reemtsma-Institut von rechts“ gedachte Einrichtung wurde 2000 in Bad Vilbel gegründet, zog drei Jahre später in das von Kubitschek gekaufte Rittergut im Dörfchen Schnellroda zwischen Freyburg und Querfurt in Sachsen-Anhalt um. Diese Immobilie ist inzwischen zu einer Art Wallfahrtsort für die Neuen Rechten geworden wie auch für Journalisten, die sich mit diesem Phänomen beschäftigen.

Nach mehreren einführenden Kapiteln mit einem Überblick zum Thema besteht das Buch aus einer Sammlung von Artikel aus dem Journal der Herausgeber. Berücksichtigt man nicht die Datumsangaben am oberen Seitenrand, kann das zunächst zu Verwirrungen führen, wenn da beispielsweise steht: „Eva Herman bestimmt gegenwärtig das bundesdeutsche Feuilleton.“ Die nicht überarbeitete Reproduktion der Zeitschriftenbeiträge bedingt zudem einige Dopplungen und Überschneidungen. Auch wenn das Prinzip nicht gerade zur Lesefreundlichkeit beiträgt, steht es doch für Authentizität. Man kann die Entwicklung sowohl des IfS wie auch die der Beschäftigung mit ihm nachverfolgen.

Die Recherche erfolgt nicht allein durch Auswertung der Publikationen und Internetseiten des Instituts, der Zeitschrift „Sezession“ und anderer Medien. Soweit es machbar ist, sind Autoren von „der rechte rand“ selbst vor Ort, um ungefilterte Eindrücke zu bekommen. Das ist besonders wichtig, da die offiziellen Quellen häufig feingeschliffen werden. Zwar kann dabei auch etwas „Atmosphäre“ eingefangen werden. Doch das überlassen die Autoren lieber den großen Medien, die sich in „Homestorys“ zwischen Ziegenkacke und Bücherwänden beim Rittergutsbetreiber Kubitschek suhlen.

Klar wird bei der Lektüre, dass Götz Kubitschek kein „Vordenker“ und das IfS kein „think tank“ sind. Dafür fehlt es den Protagonisten einfach an Bildung und Intelligenz, auch wenn der heutige Geschäftsführer Erik Lehnert Doktor der Philosophie ist. Vielmehr ist es zum einen eine Kaderschmiede zur Ausbildung des neurechten Nachwuchses, zum anderen eine Stelle der Vernetzung der sogenannten Mosaikrechten. Das heißt aber nicht, dass es keine Konflikte und Exkommunikationen gäbe. 2014 kam es zum Bruch zwischen Kubitschek und Weißmann sowie Dieter Stein, dem Chefredakteur der Jungen Freiheit. Die Bruchlinie ist die gleiche, die heute noch die AfD durchzieht: Versucht man, ein „bürgerliches“ Image zu bewahren, oder lässt man jede „Abgrenzeritis“ fallen? Weissmann schrieb fortan für die JF, Kubitschek pflegt hingegen enge Kontakte zu Björn Höcke, dem IB-Chef Martin Sellner, oder Felix Menzel, mit dem er schon mal kurzzeitig unter dem Namen „Konservativ-subversive Aktion“ versuchte, Veranstaltungen zu stören.

Das Buch ist eine wichtige Recherchearbeit, die an die Grundlagen der Neuen Rechten geht, und sich nicht von romantischen Vorspielungen irritieren lässt. Das Ehepaar Kubitschek und ihre Mitstreiter des Instituts für Staatspolitik sind faschistische Propagandisten, die auf einen antidemokratischen Umbruch der Gesellschaft hinarbeiten.

der rechte rand. Das antifaschistische Magazin (Hg.)

Das IfS. Faschist*innen des 21. Jahrhunderts. Einblicke in 20 Jahre „Institut für Staatspolitik“

VSA Verlag Hamburg 2020. ISBN 978-3-96488-074-1

Dieser Beitrag wurde unter kritik, literatur, politik veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.