Eine Stimme der Volksgemeinschaft

Es gibt Trottel und es gibt intelligente Menschen. Natürlich etliche Zwischenstufen. Zu den intelligenten Menschen habe ich mal den Chemnitzer Künstler und Hemdendesigner Gregor Torsten Kozik gezählt. Vor drei Jahren musste ich dann eine andere Erfahrung machen. Obwohl er mit einer dunkelhäutigen Venezolanerin verheiratet war (dass sie gestorben ist, habe ich erst später erfahren), hat er sich nach Rechtsaußen begeben. Pegida und Pro Chemnitz, vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingeordnet, gehören zu seinen politischen Favoriten.

Noch etwas mehr überrascht war ich heute am Morgen, als ich von Prof. Ines Bruhn auf Facebook einen Post sah, den ich nicht glauben konnte. Ich trank erst mal noch einen Kaffee, schaute noch einmal hin. Tatsächlich. Sie postet ein Bild aus dem NS-Regime, eine Frau mit dem Schild um den Hals „Ich bin aus der Volksgemeinschaft ausgestoßen“, auf einem öffentlichen Platz an den Pranger gestellt. „Für alle, die 3G, 2G oder 1G gut finden“, schreibt Bruhn dazu.

Volksgemeinschaft. Aha. Bruhn ist offenbar aktive Impfverweigerin und fühlt sich deshalb aus der „Volksgemeinschaft“ ausgestoßen.

Ich habe nochmal nachgeschaut. Bei Wikipedia steht Die nationalsozialistische Lehre definierte die Volksgemeinschaft als „die auf blutmäßiger Verbundenheit, auf gemeinsamem Schicksal und auf gemeinsamem politischen Glauben beruhende Lebensgemeinschaft eines Volkes, der Klassen- und Standesgegensätze wesensfremd sind. Die Volksgemeinschaft ist Ausgang und Ziel der Weltanschauung und Staatsordnung des Nationalsozialismus.“ Dabei war die Zugehörigkeit zur arischen Rasse zwar eine notwendige Bedingung für die Zugehörigkeit zur (deutschen) Volksgemeinschaft, aber sie war nicht hinreichend. Die Volksgemeinschaft war eine Gesinnungsgemeinschaft, die das Bekenntnis zur Weltanschauung des Nationalsozialismus erforderte.

Das Bild, das Ines Bruhn teilt, wurde am 7. Februar 1941 auf dem Altenburger Marktplatz aufgenommen. Die angeprangerte Frau hat eine Beziehung mit einem Polen angefangen. Rassenschande. Sie hat die „blutmäßige Verbundenheit“ verwirkt. Prof. Ines Bruhn fühlt mit ihr solidarisch, weil sie sich auch aus der Volksgemeinschaft ausgestoßen fühlt. Sie will sich nicht impfen lassen, wird deshalb diskriminiert, ausgestoßen.

Ich habe keine Ahnung, was mit dieser Frau in Altenburg im Weiteren passiert ist. Prof. Ines Bruhn passiert gar nichts. Sie darf vielleicht nicht in einem Club die Nacht lang durchtanzen. Möglicherweise kann sie auch nicht in jede Gaststätte rein, wobei ich das im Erzgebirge eher für unwahrscheinlich halte. Sie wird an der Fachhochschule Schneeberg weiter unterrichten dürfen, an der Grassimesse als Ausstellerin teilnehmen, im SMAC Ausstellungen organisieren. Armes Opfer.

Wie widerlich ich diese Propaganda finde. Da es Widerspruch gegen ihre Entgleisung gab, hat sie das originale Foto durch ein Clownsbild ausgetauscht. Nun versteht keiner mehr, was denn die Kommentare eigentlich meinen.

Und weil ich ihr den NS-Sprachgebrauch der „Volksgemeinschaft“ vorwerfe, antwortet sie, dass ja Politiker von der „Endlösung“ gegenüber Ungeimpften sprechen würden. Dieser Fake gegenüber dem CDU-Politiker Erwin Rüddel wurde schon lange widerlegt. Aber wenn man erst mal rechts außen angekommen ist, kommt es dann eben auf Fakten schon lange nicht mehr an.

Gregor Torsten Kozik jedenfalls spendet der Kollegin Applaus. Willkommen im Club.

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16 Antworten auf Eine Stimme der Volksgemeinschaft

  1. smac sagt:

    Werter Herr Kassner,

    das smac distanziert sich entschieden von diesem Posting auf Facebook und hat entsprechende Konsequenzen gezogen.

    Es grüßt Sie freundlich aus Chemnitz
    das smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz

  2. Pingback: Eine Stimme der Volksgemeinschaft – dokmz

  3. L. Lotze sagt:

    Frau Bruhn ist ein Mensch. Sie, Herr K., sind ein Kommunist.

    • admin sagt:

      Nein, wenn Sie des verstehenden Lesens mächtig wären, müssten Sie mitgekriegt haben, dass ich ein Nazi bin, der Frau Bruhn auf den Marktplatz setzt, ihr die Haare abschneidet und dann ins KZ schickt.

      • L. Lotze sagt:

        Mit den Marxismusvariationen nehme ich es gelassen. Wenn Sie also lieber eine National-Sozialist sein möchten, dann soll es mir recht sein. Haben Sie sich eigentlich schon freigeimpft?

  4. Anke Morgner sagt:

    Ein Beispiel für eine Entwicklung, die beklemmend ist.

  5. Karl Kurz sagt:

    Sehr geehrter Herr Kassner, vielleicht ist der Vergleich von Frau Bruhn historisch falsch und unangebracht. Die arbeitsrechtlichen Reaktionen übertreffen ihn aber gewaltig. „…auf gemeinsamen politischen Glauben beruhende Lebensgemeinschaft…“ das wird hier gerade demonstriert von denen, die öffentlich ständig „Nie wieder!“ rufen.

    • admin sagt:

      Ich verstehe nicht ganz, was Sie meinen. Welche arbeitsrechtlichen Reaktionen hat es denn bisher gegeben? Meinerseits sowieso keine.

      • Karl Kurz sagt:

        Schon vergessen?
        SMAC: „… hat entsprechende Konsequenzen gezogen.
        WHZ: „Bruhn Zur Zeit nicht im Dienst der WHZ.“
        KASSNER: „Dazu muss ganz klar gesagt werden: Es gibt definitiv KEINE Konsequenzen, weil Frau Bruhn sich nicht impfen lassen will und das öffentlich darstellt, SONDERN weil sie Vergleiche der gegenwärtigen Freiheitsbeschränkungen mit Diffamierungs- und Vernichtungsmaßnahmen im NS-Regime gleichsetzt.“

        • admin sagt:

          Ja genau. Es stimmt so wie es dasteht. Ines Bruhn hat keine Konsequenzen wegen ihrer Impfverweigerung, sondern wegen ihrer Vergleiche mit Naziopfern. Ich kenne mehrere Ungeimpfte, die keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen haben.

          • Karl Kurz sagt:

            Von Konsequenzen wegen Nichtimpfen sprach ich nicht.

          • admin sagt:

            Ein staatliches Museum hat die Zusammenarbeit aufgekündigt. Eine ebenfalls staatliche Hochschule prüft, ob jemand, der das NS-Regime verharmlost, weiter mit Studenten arbeiten darf. Fragen Sie diese Einrichtungen, ob das angemessen ist, nicht mich. Ich hatte mit Frau Bruhn nie ein arbeitsrechtliches oder sonstiges Verhältnis.

  6. Karl Kurz sagt:

    Immerhin hat dieses staatliche Museum Sie benachrichtigt. Mich nicht. Und eine Verharmlosung des NS-Regimes sehe ich hier nicht mehr als in allen Fällen, in denen Pegida- oder AfD-Mitglieder und -sympathisanten als Nazis bezeichnet werden.

    • admin sagt:

      „Benachrichtigt“ hatte es mich lediglich in einem öffentlich einsehbaren Kommentar, nicht persönlich. Und wenn Sie Pegida und AfD nicht als rechtsradikal ansehen, zeugt das von Ihrer persönlichen Haltung.

  7. PIOTR PYZIK sagt:

    Sehr geehrter Herr,
    Bitte übersetzen Sie den polnischen Text über Google-Translator. Znam historię tego zdjęcia. Ta Pani związała się z polskim żołnierzem, zgodnie z nazistowskim prawem odebrano jej obywatelstwo. Razem ze swoim mężem – polskim żołnierzem – odzyskali je dopiero w latach 90-tych. Ona zmarła w lipcu 2001 roku , on umarł we wrześniu 2001 roku. Znam polskiego księdza katolickiego który opiekował się mężem, ta Pani był wyznania ewangelickiego. Żyje ich córka. To było wzorowe małżeństwo, on kochał ją bardzo i do końca. Znane są miejsca ich pochówku. Jeśli jest Pan zainteresowany zająć się tą niesamowitą historią – proszę pisać.

    • admin sagt:

      Übersetzung: Ich kenne die Geschichte dieses Fotos. Diese Dame ließ sich mit einem polnischen Soldaten ein, ihr wurde die Staatsbürgerschaft nach nationalsozialistischem Recht entzogen. Zusammen mit ihrem Mann – einem polnischen Soldaten – erlangte sie sie erst in den 90er Jahren zurück. Sie starb im Juli 2001, er starb im September 2001. Ich kenne einen polnischen katholischen Priester, der sich um meinen Mann gekümmert hat, diese Dame war evangelischer Konfession. Ihre Tochter lebt. Es war eine vorbildliche Ehe, er liebte sie sehr und bis zum Ende. Ihre Grabstätten sind bekannt. Wenn Sie daran interessiert sind, sich mit dieser erstaunlichen Geschichte auseinanderzusetzen, schreiben Sie bitte.

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