Kubitscheks Gerede

Götz Kubitschek sieht sich gern als einen Vordenker der sogenannten Neuen Rechten, also des intellektuell angestrichenen Armes der Rechtsradikalen. Zwei Mal ist er bei Legida in Leipzig aufgetreten, einmal bei Pegida in Dresden. In seiner Eitelkeit hat er nicht nur Videomitschnitte seiner Reden ins Internet gestellt, sondern auch die Texte zum Nachlesen. So kann man sich damit beschäftigen, ohne es sich antun zu müssen, bei den Aufmärschen der „Bewegung“ selbst dabei sein zu müssen. Nach der Veröffentlichung seines ersten Leipziger Ergusses gab es sage und schreibe mehr als 100 Kommentare vergleichbaren Inhalts: „Tolle Rede!“, „Hervorragende Rede!“ usw. Nicht freigeschaltet wurden meine drei Versuche, Kubitschek darauf hinzuweisen, dass es eine dreiste Lüge ist, von 20.000 Leginellen auf dem Augustusplatz zu sprechen. In einem abschließenden Kommentar schreibt er dann trotzig, 15.000 seien es ja mindestens gewesen. Seine Gefolgsleute können gar nicht wissen, warum er nun plötzlich eine leichte, wenn auch unzureichende Korrektur vornimmt.

Was aber hat er denn nun so Tolles, Hervorragendes etc. von sich gegeben? Zunächst einmal sagt er vorsätzlich etwas nicht – dass er Journalist und Herausgeber einer legal erscheinenden Zeitschrift ist, der „Sezession“, ebenso wie sein Korreferent Jürgen Elsässer, dessen Zentralorgan der Verschwörungstheoretiker „Compact“ (so wie Sezession übrigens ein undeutsches Wort) an jedem Kiosk erhältlich ist. Stattdessen jammert er, dass „die Parlamente und Redaktionen für uns keine offenen Türen haben.“ Das sagt ein Redakteur! Das Dummvolk auf dem Platz braucht solch eine Verarschung.

Es folgt das übliche Gelaber von den linksradikalen Gewalttätern, des Rechtes auf Demonstrationsfreiheit und der Verleumdungen seiner Bewegung durch Politiker bürgerlicher Parteien. „Maulwerker“ seinen die Politiker, hat ihnen ein Handwerker aus seinem Dorf gesagt. Dass er Politiker von NPD, Republikanern oder ausländische Freunde wie Wilders und LePen davon ausnimmt, sagt er nicht dazu. Solch eine Differenzierung könnte seine Zuhörer verwirren.

Dann kommt Kubitschek endlich auf eines seiner Lieblingsthemen zu sprechen: das Volk. Da ist Erstaunliches zu vernehmen: „Ein Volk wird nicht neu erfunden, es wandelt sich, langsam und vorsichtig. Unser Volk hat schon immer Fremde aufgenommen und neue Bürger begrüßt, die zu Deutschen werden wollten.“ Das steht im Widerspruch zum Legida-Programm, wo von einer Urkultur die Rede ist, die nicht vermischt werden dürfe. Vielleicht will er sich damit eine Hintertür offenhalten, falls mal jemand nach seinem slawischen Familiennamen fragt (tschechisch: kleiner Jakob) oder dem seiner Frau Ellen Kositza (einfach in einen Russisch-Wörterbuch nachschlagen, was коза bedeutet). So clever wird allerdings kaum einer seiner Fans sein.

Nach geschichtlichen Banalitäten beklagt er den Riss, den sein geliebtes Deutschvolk durchzieht. Denn auch die fehlleitenden Politiker und die fehlgeleiteten Gegendemonstranten seien ja Deutsche. Und Aufgabe der X-gidas sei es eben, diesen Riss zu schließen. Nein Kubitschek, niemand hat diesen Haufen legitimiert, sich als Volksvertreter aufzuspielen.

In seiner zweiten Leipziger Rede am historisch aufgeladenen Termin 30. Januar gibt er nichts anderes von sich, nur etwas umgeschrieben. Wieder zuerst die Klage über die Verleumdung der X-Gidas durch „Medien und Politiker“ (siehe oben): „Nazis, Ratten, Mischpoke, Rassisten – was sind wir denn noch alles?“ Nazis und Rassisten sind es nun tatsächlich. Von Ratten und Mischpoke ist allerdings eher in den Kommentarspalten von Legida bezüglich der Leute, die ihnen nicht jubelnd zustimmen, zu lesen. Und da kann auf Facebook beispielsweise auch ein René Staudte Ausländer ohne Gegenkommentar oder Sperrung als Ziegenficker bezeichnen. Man hat ja nichts gegen Ausländer, aber ….!

Nach den üblichen Beschwerden des Verlegers Kubitschek über „die Medien“ wird es letztlich doch noch lustig. Er mokiert sich über das Hoch- und Runterrechnen von Teilnehmerzahlen der Demonstrationen. Das sagt er, der nach dem 21. Januar die Zahl seiner Zujubler nach den schon schamlos übertriebenen Angaben von Polizei (15.000) und Veranstalter (18.000) nochmals um 2.000 nach oben schraubte. Merkt ja keiner, jedenfalls keiner seiner Gefolgsleute.

Im Anschluss bezeichnet er den Historiker Heinrich August Winkler, der sich so intensiv wie sonst kaum wer mit dem „Abendland“ beschäftigt hat, als Verleumder. Abschließend fordert er noch, dass Grundlage der Empörung seitens Legida die Überzeugung sein müsse, dass jedes Kind ein Geschöpf Gottes sei. Dass die übergroße Mehrheit der Leipziger nicht gläubig ist, stört nicht weiter. So pedantisch darf man da nicht sein.

Bei seiner Dresdner Rede am vorigen Montag gibt es eine gewisse inhaltliche Verschiebung. Dort in der Residenz darf er sich über die Leipziger Verhältnisse beschweren, über den linksradikalen Straßenterror und den „linken Pöbel“. Das sagt der Feingeist, der nicht als Rassist bezeichnet werden möchte.

Im weiteren Verlauf hat er ein neues Thema erschlossen: die herrschende Ideologie. Das ist für ihn nicht etwa der Leistungsfetisch des Neoliberalismus. Nein im Gegenteil: „Die Ideologie unserer Zeit hält Erziehung und Bildung für überflüssig. Erziehung ist Unterdrückung, Bildung ist Quälerei.“ Für die vor ihm Stehenden mag ja Bildung tatsächlich eine Qual sein. Und die vielen Studenten auf der anderen Seite sind eben die „neuen Menschen“, die von dieser Ideologie geboren wurden. Mit denen müssen Pegida, Legida & Co nun endlich Schluss machen. „Wir alle brauchen Zeit, um uns vom neuen Menschen zu erholen. Wir brauchen Zeit, um in diesem Irrenhaus aufzuräumen.“

Nee Kubitschek, wir brauchen Ruhe vor diesem Gequatsche und Gehetze. Als ich am 30. Januar auf dem Augustusplatz stand, um mir die Leginellen anzugucken, schwirrte mir immer eine Zeile aus dem BAP-Song „Kristallnacht“ durch den Kopf: „Die brauchen wen, der sie verführt.“ Aber dann zu Hause habe ich den Song gefunden, der noch viel besser zu Legida passt: „Geburt einer Nation“ von Laibach. Das ist es!

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