Klassisches Eigentor

Die Erfolge der großen Vereinfacher in den letzten Monaten, von Johnson und Trump bis zu Erdogan und Kaczynski, ziehen auch hierzulande nicht nur simpel gestrickte Dumpfbacken in ihren Bann, sondern auch einige echte Intellektuelle. Manche bekommen nach ersten Vorstößen Angst vor der eigenen Courage und rudern zurück, so der ewige Fähnchen-in-den-Wind-Halter Sloterdijk. Andere meinen es wohl ernst.

Seit einigen Wochen schreibt die promovierte Philosophin Caroline Sommerfeld für Götz Kubitscheks neurechtes Portal Sezession. Gleich in einem ihrer ersten Artikel – er bezieht sich auf Carolin Emckes Buch Gegen den Hass – greift sie voll daneben. Zumindest muss es aus Sicht ihrer Mitstreiter so aussehen. Sommerfeld schreibt: Von „Reinheit“ ist rechterseits nie die Rede, auch „Homogenität“ ist eine Strohpuppe, die NS-Bezüge insinuiert („Rassereinheit“), die aber im gegenwärtigen politischen Diskurs niemand vertritt.

Wunderbar! Offensichtlich hat sie sich mit etwas älteren Artikeln anderer Sezessionisten wie auch den Autoren anderer rechter Medien nicht sehr gründlich beschäftigt. Die ethnische Homogenität im Sinne eines Ethnopluralismus, der die Menschen sorgfältig nach genetischen Merkmalen räumlich separieren möchte, ist doch seit Langem ein Lieblingsthema der rechtsradikalen „Denker“. Nun kommt diese Philosophin, die sich selbst der Identitären Bewegung zurechnet, und sagt: Das ist NS-Sprache. Vielen Dank, Frau Sommerfeld, für diese ungewollte Entlarvung. Das zu lesen hat mir wirklich Freude bereitet. Sicherlich wird Kubitschek Sie noch auf Linie bringen, damit Sie nicht noch einmal Ihre Kameraden so blamieren. Immerhin gilt ja selbst bei den Neurechten vorläufig noch der Grundsatz, dass man mit echten Nationalsozialisten nicht verwechselt werden möchte, auch wenn da immer mehr Grenzlinien vorsichtig abgeschliffen werden.

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6 Antworten auf Klassisches Eigentor

  1. Flohbude sagt:

    Das liebe ich so an den Rechten: Die Kohärenzrahmen ihrer Argumentationen sind so fadenscheinig, dass sie kaum einer Belastung standhalten. Sie generieren aber Masse, Anhängerschaft, kurzfristige Mehrheitsverhältnisse. Und das wiederum bedrückt mich.

  2. G.H. sagt:

    Die „Masse, Anhängerschaft“ interessiert sich nicht für belastbare „Kohärenzrahmen“ der „Argumentationen“. Die Linke theoretisiert zu viel, und an den Leuten vorbei. Ich beginne zu vermutem, daß die Behauptung stimmt: Es gibt keinen Rechtsruck, es gibt eine Linksflucht.
    Mich bedrückt das auch.

    • Admin sagt:

      Sehe ich nicht so, also das mit der angeblichen Linksflucht. In den vergangenen Jahren haben es Rechte, viele davon radikal, geschafft, Themen zu besetzen, die traditionell linke Domänen waren. So ist man heute manchmal genötigt, Merkel zu verteidigen. Und wenn Trumpf die NATO für obsolet hält, kommt instinktiv ein Aufschrei, als hätten Linke je dieses aggressive Militärbündnis gemocht. Klar, beim durchschnittlichen Pegida-Anhänger prallt jegliche Argumentation ab. Doch diesen superintellektuellen Neuen Rechten muss man den eigenen Quatsch immer wieder um die Ohren hauen.

  3. G.H. sagt:

    Noch jemand, der die Linksflucht beobachtet zu haben glaubt:

    http://taz.de/Politische-Haltung-und-Widersprueche/!5374695/

    Ich denke schon, daß da was dran ist.

    GH

  4. admin sagt:

    Ach ja: „Was sich hier äußert, ist eine nach außen umgestülpte und durchaus missionarische Innerlichkeit, behaglich eingerichtet freilich in den vorbildlich isolierten Eigentumswohnungen unserer Selbstgewissheit.“ Da fühle ich mich so richtig zugehörig. Dämliches Gelaber von Alt-68ern, die es tatsächlich geschafft haben, es sich bequem einzurichten. Bestes Beispiel ist der frühere Sponti Joseph Fischer, der heute für eine militärische Aufrüstung Europas plädiert. Schöne Linksflucht!

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