KLP 7

Doch einen weiteren Großabschnitt von „Gegen den Tag“ geschafft und damit Seitenzahl 1040 erreicht. Nun also nur noch 500 weitere Seiten. Nur? So ganz sicher bin ich mir nicht, ob ich die auch tatsächlich noch abwickle. Jetzt ist jedenfalls erst mal wieder ein kleiner Stopp nötig. Und ein Bericht.

Wie es sich schon abzeichnete, wird zunehmend Europa zum Schauplatz. Nur die FdF sind zunächst in Mittelasien im Einsatz. Nicht mit ihrem Zeppelin, sondern einer Unterwüstenfregatte, um da im Sand das sagenhafte Shambala zu finden. Das klappt nicht ganz, die Geschichte darf ja noch nicht zu Ende sein – einen Dreh alberner scheint es aber stets zu gehen.

Kit Traverse hat sich von seinem vormaligen Gönner Scarsdale abgenabelt, wird folgerichtig von diesem auch bald bedroht. Er ist über Marokko, wo er ganz zufällig die Vorgeplänkel des Ersten Weltkrieges miterlebt, und Belgien (hier ertrinkt er um ein Haar in Mayonnaise) nach Göttingen gelangt. Dort lernt er Yashmeen Halfcourt kennen (der Name verrät schon, dass sie aus Russland kommt). Auch sie hat ist Mathematikerin, außerdem mit der obskuren Pythagoräer-Sekte W.A.U.S.T. Verbunden, darüber hinaus sehr attraktiv und lesbisch. Diverse hochmathematische Theorien, die meisten vermutlich rein fiktiv, werden nun mit der Romanhandlung verflochten.

Dally hingegen ist mit ihrer Artistenfamilie, den Zombinies, in Italien auf Tournee, bleibt aber schließlich in Venedig zurück. Dorthin streben auch Kit und sein Bruder Reef, den er auf überraschende Weise beim Bau den Simplon-Tunnels antrifft, belästigt von hochgefährlichen Tatzel-Würmern.

Das alles klingt spannend. Könnte es vielleicht aus sein – auf einem Viertel des Platzes. Doch Pynchon schwafelt und schwafelt. Und er lässt dramaturgische Einfälle folgenlos verpuffen. Hinzu kommen Schwächen, die man solch einem berühmten Schriftsteller eigentlich nicht zutraun würde. Zum Beispiel das all zu platte Anagram Refnew – Werfner für eine gespaltene Persönlichkeit. Auch den Ausspruch „Ich bin ein Berliner!“, mit dem ein Geisteskranker darauf hinweisen will, er sei eigentlich ein Pfannkuchen, ist nicht besonders witzig. Die pseudowissenschaftlichen Anspielungen sind ebenso aufgesetzt und für die Handlung so unerheblich wie die eingestreuten gesellschaftskritischen Ausbrüche. Schließlich gibt es sogar echte Fehler. Dass 1906 der Begriff Maschinenpistole zum allgemeinen Wortschatz gehörte, ist wohl historisch nicht haltbar. Und dann eben noch dieses Hineindriften übertrieben phantastischer Elemente in die eigentlich realistisch ausgeformten Passagen (siehe Tatzelwurm).

Soll ich wirklich noch weitere 500 Seiten lesen?

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