Fernes Leuchten

Der erste Roman von Leif Randt nennt sich Leuchtspielhaus. Da wird offensichtlich mit einer veralteten Bezeichnung für das Kino gespielt. Doch die so benannte Örtlichkeit im Filmskript von Helen, einer in London lebenden Künstlerin, hat nichts damit zu tun. Vielmehr haben die Protagonisten dieses Drehbuchs leuchtende Auren, deren Farbe und Form je nach Gemütszustand wechselt.

Der Ich-Erzähler des Romans kommt so wie der Autor aus Maintal, baut sich aber in der englischen Metropole mit Helen, Ray und anderen eine künstlich erscheinende Welt auf. Ihr Salon dient nur nebenbei zum Frisieren, ist ansonsten eher Partyzone. Alle „Members“ dieses inoffiziellen Clubs huldigen einer mysteriösen Bea, die in der Stadt ihre an Steetart erinnernden farbigen Zeichen hinterlässt, manchmal Sentenzen wie „Never leave highschool“, manchmal nur Worte oder auch goldfarbene Strümpfe. Diese Schweizerin ist als Person nicht zu fassen, gilt dennoch als wichtigste junge Künstlerin Europas. Die Suche nach ihr wird für den Erzähler zu einer Sinnsuche. Über Geld braucht er sich wie die meisten anderen Akteure keine Gedanken zu machen, es ist einfach da. Also lebt er Kunst. London ist dafür natürlich ein besserer Platz als seine hessische Heimat, wo die früheren Mitstreiter Anvar und McFly zurückgeblieben sind. Bei aller Hipness haben die Akteure Retro-Attitüden – kein Internet, keine Mails, kaum Drogen außer Alkohol.

Er findet schließlich eine Bea, seine Bea. Doch danach muss es weitergehen. In Warschau wird nun das Leuchtspielhaus tatsächlich zu einem Kino, in welchem sich das Partyvolk über McFlys experimetelle Filme amüsiert.

Leif Randt schildert eine kühle, aber schillernde Welt, die konstruiert erscheinen mag, aber für manche Kreise heutiger Jugendlicher vermutlich Realität ist. Die nüchterne Sprache, stark durchsetzt mit englischen Floskeln, unterstützt den Schein der Konstruktion. Die noch viel surrealere Ebene von Helens Filmscript hingegen hilft dabei, das sich Wichtigfühlen dieser Kids fast schon als Normalität anzusehen. Auch wenn das Stolpern gelangweilter, reicher Snobs in Leuchtspielhaus bei weitem nicht so ziellos ist wie in Krachts Faserland, bleibt doch ein leises Unbehagen an der Leere zurück.

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