In hoc signo …

Eigentlich ist es nur ein simpler Winkel, nach oben zeigend. Und ein Kreis drum. Wie bei der Hühnerkralle der Friedensbewegten, dem Stern einer schwäbischen Automarke oder dem Erkennungszeichen der Anarchos (Wer A sagt, muss auch einen Kreis drum machen). Auch die Identitären kreisen ihr Lambda ein, aber ohne die zumindest in Graffitis übliche  freche Grenzüberschreitung des A. Alles bleibt ordentlich im Rahmen.

lambda_ident

Fette gelbe Linien auf schwarzem Grund. Die Farbkombination hat den höchsten möglichen Aufmerksamkeitswert, mehr als das eigentlich kontrastreichere Schwarz-Weiß, mehr als das Feuerwehrrot. Ein Fanal!

Lambda steht im griechischen Alphabet an elfter Stelle. In den Naturwissenschaften und technischen Sparten muss es für alles Mögliche herhalten: Wellenlänge und Wärmeleitfähigkeit, Schlankheitsgrad und Zerfallskonstante … Lustig ist aber, dass es auch schwul-lesbischen Organisationen in mehreren Ländern als Zeichen dient. Dabei sind doch die Homos für Identitäre wie auch andere am rechten Rand Schwimmende die Hauptursache für die Krise Europas. Oder zumindest zweite Hauptursache nach den Moslems. Haben sie sich die Wahl des Symbols wirklich durchdacht? Naja, Rechtsradikale und Denken … Please mind the gap!

Von den Spartanern haben sie es entlehnt. Oder einer Interpretation der Spartaner zunächst im Comic 300 von Frank Miller, dann dem gleichnamigen Hollywoodstreifen von Zack Snyder, europäische Geschichte durch die amerikanische Brille also. Die Spartaner werden als ein Volk von gnadenlosen Kriegern gezeigt, die missgebildete und schwächliche Säuglinge gleich nach der Geburt töten und ihre Söhne mit äußerster Härte nach der Agoge erziehen  steht in der Wikipedia. Militärischer Drill also kann ein Grund sein, warum die Identitäre Bewegung das Lambda der Hopliten benutzt. Im Film wird aber der spartanische Brauch verschwiegen, dass erwachsene Männer sich einen minderjährigen Lustknaben hielten. Da isses wieder, das Problem mit der ach so vielseitig auslegbaren Libertas, für welche das Lambda ebenfalls Symbol ist.

So muss man sich die Verteidiger der Zukunft Europas vorstellen. man beachte das extrem eingeschränkte Sichtfeld. (Quelle: Wikicommons)

So muss man sich die Verteidiger der Zukunft Europas vorstellen. Man beachte das extrem eingeschränkte Sichtfeld. (Quelle: Wikicommons)

Erzählt wird in Comic und Film in einer sehr freien Auslegung über die Schlacht bei den Thermopylen 480 v. u. Z., bei dem sich 300 Spartaner dem riesigen Invasionsheer der Perser heldenhaft entgegenstellten. Natürlich verloren sie. Dass sich die Identitären mit Verlierern vergleichen, ist schon mal bemerkenswert. Oswald Spengler, einer ihrer Theorie-Götter, muss mit der Annahme des unvermeidlichen Unterganges des Abendlandes also Recht behalten. Allerdings folgten (in der realen Geschichte, nicht in Comic und Film) die Schlachten von Plataiai und Salamis, wo das persische Heer dann geschlagen wurde.

Dass sich die Identitären mit den zwar heldenhaften, aber auf verlorenem Posten stehenden Spartanern in 300 vergleichen, muss in der ideologischen Ausdeutung des Films liegen. Dessen faschistoide Tendenzen kritisierte u.a. Joachim Schätz in der österreichischen Zeitschrift Falter:

Die spinnen, die Spartaner: „Genießt euer Frühstück, denn heute Abend speisen wir in der Hölle!“, brüllt der König seinen treuen Mannen zu. Euphorisch grölen die Killermaschinen zurück und marschieren in den ehrenvollen Tod. Freund und Feind werden in „300“ (Regie: Zack Snyder) nicht müde, die kriegsbesessenen Spartaner für verrückt zu erklären, aber die fassen das als Kompliment auf. Der Film auch: Der Männlichkeitsirrsinn um Blut, Boden und Kriegerehre fährt einem in „300“ so unverblümt und undistanziert mit dem Arsch ins Gesicht, dass jede spitzfindig argumentierte Ideologiekritik daran abprallt wie die Pfeile der Perser an den Spartanerschilden. Weiter schreibt er: Wirklich konkret ist in diesem Rorschach-Blutfleck (wie zuletzt in Mel Gibsons ähnlich mehrdeutiger Zivilisationskritik „Apocalypto“) nur eine reaktionäre Abscheu gegenüber Multikulturalismus und urbaner Unübersichtlichkeit: Der böse Xerxes ist eine androgyne drag queen mit dem Gesicht von Grace Jones und dem Bass von James Brown, die demokratischen Athener sind feinnervige Feiglinge und „boy lovers“ und die inneren Feinde Spartas ein Diplomat und ein ausgegrenzter Freak.

Somit wird klar, was die ultrarechten Hasser alles Fremden an diesem Zeichen so interessant finden. Lieber in einem militaristischem Wahn befangen, als mit verfeinerten und liberalen Mitmenschen zu paktieren. Komisch aber, dass die rechten Intellektuellen auch die griechische Antike generell zu den essentiellen Erbstücken des Abendlandes zählen. Dabei hat nun gerade Sparta nichts Bleibendes erzeugt, wohl aber das verweichlichte Athen in Fülle, ebenso wie manche andere Stadtstaaten. So kann man sich Geschichte zurechtbiegen.

Für Felix Menzel und Philip Stein, Autoren eines von der rechten Plattform Blaue Narzisse herausgebrachten Büchleins namens Junges Europa könnte das Lambda zu einer von deutschen Vordenkern (zu denen sie sich natürlich zählen) ausgehenden europaweiten Konservativen Revolution werden. Nur siegen werden sie unter diesem Zeichen ebensowenig wie die Spartaner bei den Thermopylen.

 

 

 

 

 

http://www.filmzentrale.com/rezis/300js.htm

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5 Antworten auf In hoc signo …

  1. Dr. Rosa Goldstein sagt:

    Kultur-Manager Kassner ergreift das Wort, man will ja Kultur ‚managen‘, hätte gern share holder value – es is nih olles schläschd: Heßling 2.0 – willkommen im Westen. Krieg ist Frieden, Lüge ist Wahrheit, Faschismus ist Antifaschismus, Kollaboration ist Freiheit. Euer Mann ist Gauck, schaut in sein Gesicht – es ist das Eure: Ideologieproduzenten für künftige Weltkriege in Sachen ‚Menschenrecht‘, persönlich impotent und inkontinent, unfruchtbar und zerquält, deutsche Gartenzwerge im Dienst des Kapitals. Viel schlimmer aber: ästhetische Ärgernisse, Apotheosen der Folgenlosigkeit, regimetreue Langweiler. Fickt euch selbst, sonst tut’s eh keiner.

  2. admin sagt:

    Guten Tag Frau Dr. Goldstein. Ich bin faziniert, wie präzise Sie auf den Inhalt meines Artikels eingehen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig doch nötig ist, diese Neuen Rechten komplett aus der Fassung zu bringen, diese Elite, die das deutsche Volk nach der Säuberung von allem Artfremden zu neuen Höhen führen wird. Wirklich originell ist auch die Einschätzung von Bundespräses Gauck. Dieser Prediger für weltweite Bundeswehreinsätze ist also ein Linker. Soso. Und wegen des Fickens keine Sorge. Sie kennen doch den Spruch: Kein Sex mit Nazis! Alle meine Freunde halten sich daran. Vielen Dank für Ihre knappe, aber prägnante Skizze des geistigen Zustandes der Identitären.

  3. Michael sagt:

    Ein sehr nüchternder Bericht Herr Kassner !!! Anders hatte ich es nicht erwartet.
    Hier wird recherchiert bis aus Versatzstücken ein Bericht entsteht, der an Unterschwelligkeit kaum zu überbieten ist.

    Wenn man merkt, wie sehr Sie Ihre eigene Meinung in diese Story versuchen einzubauen so fällt einem doch auf, dass Sie nicht im Ansatz einen wahrhaften Bericht über die IB liefern konnten. Ich glaube aber, dass Sie in Zukunft in der Lage sein werden Ihre Gedankenblasen in lückenlose Prosa verwandeln zu können. Denn nichts ist besser als die Erkenntins und das Eingestehen zu fehlender Objektivität. Ich bewundere Ihren Ergeiz und wünsche Ihnen alles Gute für Ihre mehr oder weniger kultur optimistische Laufbahn.

    • admin sagt:

      Vielleicht schaffen Sie es auch noch, einige grundlegende Regeln der deutschen Sprache zu erlernen. Für einen richtigen Identitären würde es sich gehören. An inhaltlicher Kritik ist der Kommentar natürlich genaus so ergiebig wie der von Frau Goldstein. Das haben Rechtsradikale eben so an sich, nur rumzuholzen, statt auf das Thema einzugehen.

  4. Michaelr sagt:

    „Somit wird klar, was die ultrarechten Hasser alles Fremden an diesem Zeichen so interessant finden.“

    Was soll ich zu so einem Satz denken ? Es ist doch nicht im Ansatz zu erkennen, dass bei so einer These von Objektivität die Rede ist. Warum sollte ich Fremde hassen ? Ich habe in keinster Weise das Bedürfnis Leute wegen Ihrer Hautfarbe zu verprügeln oder gar anzupöbeln oder wie es in Ihrem Text heisst „rumzuholzen“ Sie werfen alles in einen Topf und rühren nochmal um, damit alles Ihrem Geschmack entspricht. Ich habe Dutschke und Markuse gelesen, doch ein „Grüner“ oder überzeugter „Linker“ bin ich trotzdem nicht. Ich nehme Dutschke und Markuse aber ernst, weil Sie von einer Objektivität geprägt sind, was man von den Grünen oder heutigen Linken nicht, oder kaum noch erwarten kann. Deshalb nehme ich nur noch wenige von Ihnen ernst.

    Seien Sie also nicht ganz so verärgert, wenn meine Kritik Ihnen etwas zu heftig ins Gesicht geblasen hat.

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