Kein Russensoul mehr

Seit mindestens 15 Jahren habe ich eine CD namens Russensoul. Die mochte ich mal. Habe vor kurzem reingehört, und kann jetzt das fröhliche Geträller nicht ertragen. Mit einer Ausnahme. Der erste Song auf der CD „Ja Soldat“ (Ich bin Soldat). Der ist allerdings von einer ukrainischen Band namens 5Nizza (also Freitag) und in seinem Sarkasmus so weitsichtig. „Ich bin ein Held, sagt mir aus welchem Roman …“

Bischen seltsam ist es schon, dass ich ausgerechnet jetzt, während des brutalen Angriffs- und Vernichtungskrieges gegen die Ukraine plötzlich interessante russische Brands jenseits des Russensoul entdecke. Es fing an mit Shortparis aus St. Petersburg. Deren Song „Apfelgarten“, den sie gemeinsam mit einem Veteranenchor singen, hat es sogar schon in die Kulturzeit von 3Sat geschafft. Starke Musik, großartiges Video. Ich habe auch andere Songs der Band gehört. Auch gut, aber dieser ist so aktuell.

Weiter ging es mit EY3SPEAK, auf die durch einen Artikel in Die Zeit aufmerksam wurde. Eigentlich Gruftimusik, sehr düster. Aber auch politisch. „Dead but Pretty“ ist der aktuelle Song. Das Duo soll in der Provinz untergetaucht sein.

Wie es dann eben so ist. Sieht man sich auf Youtube einen Clip an, kommen gleich ähnlich gelagerte Vorschläge. Durch einige habe ich mich geklickt. Hier eine kleine Liste:

Auffällig ist die Dominanz von Gewalt, Tod, Düsternis. Und dann habe ich die ukrainische Gruppe DachaBracha gefunden. Keine Ahnung, wie man die Musikrichtung nennen soll, vielleicht Avantgarde Folklore. Hier der Song „Spring“.

Und noch eine andere ukrainische Gruppe: Dakh Daughters. Auch unter Nutzung folkloristischer Elemente, aber noch etwas schräger. Hier mit „To Moye More“.

Ich weiß nicht, wie es diesen Ukrainern geht. Von den russischen Künstlern sind einige geflüchtet oder untergetaucht. Ein gewaltiger kultureller Verlust für beide Länder.

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