Ein verlorenes Land namens BRD

Bie 2001 gab es einen ganzen Packen Bücher aus dem Verbrecher Verlag für wenig Geld. Auch wenn ich von den 10 Bänden erst die Hälfte geschafft habe, will ich nach und nach die Eindrücke vor dem gänzlichen Verblassen einfangen. Also ganz von vorn. Noch am Algarve-Strand – das passt – habe ich My private BRD von Ambros Waibel gelesen.

Eine Kindheit und Jugend im München der siebziger Jahre wird seziert. Das ist an sich nichts aufregendes, und  tatsächlich passiert bei Waibel nicht viel Spektakuläres. Sich mit Hilfe eines befreundeten Arztes vor der Wehrpflicht drücken wollen, dann aber doch gehen, ist ja nicht so außergewöhnlich. Doch der Autor findet einen angenehm selbstironischen Ton zur Schilderung dieses kleinbürgerlichen Milieus zwischen Nachbarschaft, Schule und Vereinen, das immer ein wenig auf der Kippe steht. Der Vater sondert sich ab, der Bruder schlägt eine linksradikale Karriere ein, und über sich selbst sagt Waibel: Meine einzigen Schwächen sind Feigheit, mangelndes Selbstbewußtsein und Größenwahn. Das Leben eckt immer wieder an, ohne wirkliche Schmerzen zu bereiten.

Eigentlich müsste es aus östlicher Perspektive eine fremde Welt sein, diese private BRD. Doch vieles kommt einem so sehr vertraut vor, nicht erst jetzt, da man auch die diversen Warenmarken aus eigener Anschauung kennt. Und was fremd erscheint, ist vermutlich wegen der Patina auch für viele Münchener schon etwas seltsam.

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